1
E
338
Geographische und naturgeschichtliche Bilder.
teilgenommen und in das deutsche Leben mächtig eingegriffen hat, nicht
bloß durch kriegerische Macht und durch die gewichtige Stimme seiner
Herrscher im Rat der Fürsten, auch, und vielleicht noch folgenreicher,
durch seine geistigen Bestrebungen, seine Lehranstalten, durch eigen—
tümliche Erregung und Richtung auf religiösem Gebiet. — Frühe
Annahme des Christentums und der Druck der Magyaren haben
diese Länder an Deutschland gewiesen, deutsche Kultur und Bevpölke—
rung hat sich durch ihre von einsichtigen Fürsten anerkannte Üher⸗
legenheit Eingang verschafft, während Ausdehnung und Zusammen—
hang des Gebiets so wie die Natur der Grenzen dem slavischen
Stamme Selbständigkeit und Übergewicht im Innern erhielten.
Die gleichlaufenden Gebirgsketten, welche Böhmen im Nord—
osten und Südwesten begrenzen, kehren nicht, wie die rheinischen, ihre
Steilabfälle einander zu, sondern ihre ausgedehnteren, allmählichen
Abdachungen. Mauerartig erheben sich Böhmerwald und Sudeten
aus den Ebenen der Oberpfalz und Schlesiens, während nach innen,
nach Böhmen hinein, vorgelagerte Ketten und ausgesandte Gebirgs—
arme sich entfalten und breite Plateauflächen beide Gebirge verbinden.
Auf dem Rücken dieser Plateauflächen läuft die wasserscheidende Grenze
zwischen Böhmen und Mähren. Sie nehmen, gegen die Donau
herabsinkend, ganz Mähren ein, mit Ausnahme der Thalebenen der
March, und füllen den größten Teil von Böhmen. In der Mitte
dieses Landes jedoch durchfließt die Elbe eine große, aufgeschwemmte,
zum Teil sandige Ebene; im Nordwesten bilden hohe basaltische Kegel
einen merkwürdigen, dem nach Süden gekehrten Steilabfall des Erz—
gebirges gleich laufenden Zug. Zwischen beiden entfalten sich blühende,
von Obsthainen und Walnußbäumen beschattete Thallandschaften, die
durch ihre weltberühmten Heilquellen zu einer europäischen Sommer—
Residenz geworden sind.
Böhmen ist keineswegs nach allen Seiten hin gleich sehr durch
Gebirgswälle geschützt. Nach Südost, gegen Mähren und Osterreich,
ist es eigentlich offen; von der Lausitz trennen es nur niedrige, wenig
zusammenhangende Bergzüge. Weit fester sind die südwestlichen und
nordwestlichen Grenzen, welche durch alle Zeiten hindurch fast unver—
rückt blieben, während im Nordosten und Südosten die Lausitz lange
Zeit, und Mähren fast immer mit Böhmen in Verbindung blieb.
Böhmen stellt ein Ländergebiet dar, welches von der Außenwelt
stark geschieden und im Innern durch seine beckenartige Gestaltung,
sowie durch die aus dieser hervorgehende Verkettung und Verschmelzung
seiner Thäler und Flüsse in hohem Grade geeinigt ist. Daher erscheint
es in der Geschichte fast immer als Wohnstätte eines eigentümlichen
Volks- und Staats-Ganzen; und niemals hat Böhmen aus zwei
oder mehreren unabhängigen Staaten bestanden. Die Markomannen
richteten sich in diesem weiten Bergpark eben so ein, wie ihre Vor—
gänger, die Bojer; die Czechen dehnten ihr Reich ebenfalls bis zu