Full text: Für die untern und mittlern Klassen (Teil 1, [Schülerband])

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II. Aythen und Sagen. 
140. Prometheus und Epimetheus. 
(Nach Witt.) 
Zur Zeit, als Kronos die Götter beherrschte, wurden die Menschen 
geschaffen, und es war zuerst das goldene Weltalter. Es herrschte nämlich 
ein beständiger Frühling auf der Erde, und in Wäldern und Wiesen blühten 
das ganze Jahr hindurch schöne Blumen. Die Menschen selbst waren gut 
und glücklich; denn die Erde schenkte ihnen alles, was sie bedurften. Sie 
lebten sehr lange, dreihundert Jahre und darüber, wurden dabei nicht alt 
und grau, sondern blieben immer jung. Ihr Haus war die schöne Erde, 
und ihr Dach der stets heitere, blaue Himmel. Es gab nicht Reiche und 
Arme, Vornehme und Geringe, sondern alle waren einander gleich und 
lebten sich gerne zu Gefallen. Hatten sie lange gelebt, und waren sie des 
Lebens satt, so fielen sie in einen sanften Schlaf, aus dem sie nicht mehr 
erwachten; das war ihr Tod. — Sobald Zeus zur Herrschaft gelangt war, 
ließ er das goldene Zeitalter aufhören, und es wurde so, wie es jetzt auf 
der Erde ist: es gab Sommer und Winter, gutes und schlechtes Wetter. 
Die Menschen lebten in Dürftigkeit und mußten sich gegen Hunger und 
Kälte wehren; aber sie waren frohen Sinnes, und weil ein Funken des 
göttlichen Geistes in sie gelegt war, wurden sie durch die Not klüger und 
lernten allerlei gute Dinge. Es waren aber zwei Brüder von göttlichem 
Geschlechte, deren Vater, ein Titane, wider Zeus gestritten hatte. Sie wohnten 
unter den Menschen und waren denselben gut gesinnt. Der eine von ihnen, 
Prometheus, d. h. Vorherdenker, bedachte immer alles im voraus; der 
andere, Epimetheus, d. i. Nachdenker, bedachte alles erst, wenn er es 
schon gethan hatte. — Zeus hatte den Menschen nicht das Feuer gegeben. 
Da nun Prometheus voraussah, daß diese durch das Feuer das harte Erz 
bezwingen, viele gute Gerätschaften schmieden und klüger und geschickter 
werden würden, so bat er den Zeus, sie mit demselben zu beschenken. Aber 
aus Furcht, sie könnten zu klug werden und es am Ende den Göttern 
gleich thun wollen, schlug jener die Bitte ab. Deshalb beschloß Prometheus, 
den Menschen zu Liebe das Feuer auf die Erde zu bringen, obwohl er 
wußte, daß ihn dafür eine harte Strafe treffen würde. Um sein Vorhaben 
auszuführen, brach er ein Rohr ab, in welchem viel Mark war. Mit 
diesem begab er sich in den Himmel, und als die Sonne vorbei kam, hielt 
er es in die Glut hinein. Das Mark fing Feuer und glomm fort. Darauf 
stieg er wieder zur Erde hinab, machte ein Feuer an und rief die Menschen 
herbei, die sich über die Wärme und den hellen Schein verwunderten. Als 
es aber dunkel geworden war, erblickte Zeus, als er zur Erde schaute, eine 
Menge von flackernden Feuern, welche die Menschen angezündet hatten, und 
geriet in großen Zorn. 
Nun waren damals unter den Menschen Krankheiten und Sorgen 
noch nicht bekannt; diese bösen Gäste gedachle ihnen Zeus jetzt zu schicken, 
weil sie wider seinen Willen das Feuer bekommen hatten. Zu diesem Zwecke
	        
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