Full text: [Teil 5 = Ober-Tertia, [Schülerband]] (Teil 5 = Ober-Tertia, [Schülerband])

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errungen. Ich bin gekommen, verehrte Herren, um den Augenblick, 
der mir gegönnt ist, zu benutzen, Sie um Verzeihung wegen meines 
Verfahrens gegen Sie in dieser Nacht zu bitten. Hier ist eine Karte 
mit meinem Namen und Stande, Sie können an meiner Person und 
an meinem Vermögen Genugthuung fordern, wenn Sie eine zu for¬ 
dern für gut befinden sollten." Bei diesen Worten reichte er dem 
Schloßherrn ein Blatt Papier. „Den Frauen," fuhr er fort, „kann 
ich freilich keine Genugthuung für die Angst und den Schrecken geben; 
um so inniger bedarf ich ihrer Verzeihung, um so mehr bitte ich sie 
darum." 
„Die beste Genugthuung würde sein," sagte der Schloßherr, „wenn 
Sie nicht auf jener Seite stünden, wo Sie stehen." — „Mein Herr," 
erwiderte der Fremde, „wenn Sie diese Ansicht bei meinem Könige 
durchsetzen können, so werde ich eine That wie die von heute Nacht 
mit leichterem Herzen verrichten, als ich sie heut verrichtet habe. 
Aber bei dem Krieger heißt es gehorchen. Nun lebt wohl, meine 
Zeit ist gemessen." 
Er reichte dem Schloßherrn die Hand, der sie nahm. „Sie 
haben doch keine Verletzungen erlitten?" fragte der Verwalter. „Keine 
einzige," antwortete der junge Mann. „Nun, so leben Sie wohl," 
sagte der Verwalter, „und mögen Ihre Thaten bald von leichten Ge¬ 
fühlen begleitet sein." 
„Amen," sagte der junge Mann. Er beugte sich vor den Män¬ 
nern, aber noch tiefer vor den Frauen, seine Begleiter schwenkten sich, 
und er ging mit ihnen davon. Man sah ihnen nach, sah sie unter 
dem Thorbogen zu Pferde sitzen und über den Steindamm hinaus¬ 
reiten. Jetzt war nichts mehr von oen Kriegern zu sehen. 
Nachdem der Verwalter und der Schloßherr die Unordnung im 
eigenen Hause, soweit es möglich war, besichtigt hatten,'wobei einige 
schöne, von Kugeln arg verletzte Gartenbäume zu bedauern waren, 
verfügten sie sich in das Dorf, um den Bewohnern in den Maßregeln 
beizustehen, die infolge des stattgehabten Gefechtes notwendig geworden 
waren. Unterbringung der noch aufgefundenen oder nach und nach 
eintreffenden Verwundeten war das erste; der Arzt richtete ein 
Hospital im Schlosse ein, und die Verwalterin kochte für Freunde 
und Feinde. Das zweite war die Beerdigung der Toten. Endlich 
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