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Umsonst zur Meereswüste
Hinspäh ich jede Stund;
Doch naht sich dieser Küste
Kein Wimpel, das mir kund.
Ich weiß es: nicht vergessen
Habt ihr der armen Maid;
Doch ist nur kurz gemessen
Dem steten Gram die Zeit.
Wohl kommt ihr einst, zu sühnen,
Zu retten, ach, zu spät,
Wann schon der Sand der Dünen
Um meinen Hügel weht.
Es dröhnt mit dumpfem Schlage
Tie Brandung in mein Wort;
Der Sturm zerreißt die Klage
Und trägt beschwingt sie fort.
O möcht er brausend schweben
Und geben euch Bericht:
„Wohl laß ich hier das Leben,
Die Treue laß ich nicht!"
Emannel Geibel.
39. Die Treuen.
Es rotten sich Bauern und Mannen
Und stürmen nächtlich das Schloß,
Ter Ritter entweicht von dannen
Ans seinem schäumenden Roß.
Bald schlug aus Dach und Gemäuer
Der helle Flammenbrand,
Bis endlich das zehrende Feuer
Nur berstende Wände fand.
Ein Knecht zog den Edelfalken,
Des Ritters Leibroß und Hund
Hervor ans brennendeil Balken
Und wich von Banner und Bund.
Er baute ein Häuslein im Thale
Und stellte das Leibroß ein,
Das mußte vom frühesten Strahle
Bis zum Abend am Pfluge sein.
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