47
Ter dritte hub ihn wieder sogleich
Und küßte sie an den Mund so bleich:
„Dich liebt ich immer, dich lieb ich noch heut
Und werde dich lieben in Ewigkeit." 20
Ludwig Uhland.
41. Die Macht des Gesanges.
Ein Regenstrom aus Felsenriffen,
Er kommt mit Donners Ungestüm,
Bergtrümmer folgen seinen Güssen,
Und Eichen stürzen unter ihm;
Erstaunt mit wollustvollem Grausen 5
Hört ihn der Wanderer und lauscht,
Er hört die Flut vorn Felsen brausen,
Doch weiß er nicht, woher sie rauscht:
So strömen des Gesanges Wellen
Hervor aus nie entdeckten Quellen. 10
Verbündet mit den surchtbarn Wesen,
Tie still des Lebens Faden drehn,
Wer kann des Sängers Zauber lösen,
Wer seinen Tönen widerstehn?
Wie mit dem Stab des Götterboten 15
Beherrscht er das bewegte Herz;
Er taucht es in das Reich der Toten,
Er hebt es staunend himmelwärts
Und wiegt es zwischen Ernst und Spiele
Auf schwanker Leiter der Gefühle. 20
Wie wenn auf einmal in die Kreise
Der Freude, mit Gigantenschritt,
Geheimnisvoll, nach Geisterweise
Ein ungeheures Schicksal tritt:
Ta beugt sich jede Erdengröße 25
Dem Fremdling ans der andern Welt,
Des Jubels nichtiges Getöse
Verstummt, und jede Larve fällt,
Und vor der Wahrheit mächtigem Siege
Verschwindet jedes Werk der Lüge:
30