Full text: [Teil 3 = Quarta, [Schülerband]] (Teil 3 = Quarta, [Schülerband])

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Gewand, mit welchem die Blumen sich schmücken, und die bilderreiche 
Sprache des Morgenlandes hat denn auch gewisse besonders schön gefärbte 
Falter „geflügelte Blumen" genannt. Doch nicht bloß in der Farbe, auch 
in der Gestalt ähneln manche Blumen den Insekten. Eine der in unseren 
Treibhäusern zahlreich gezogenen ausländischen Orchideen-Gattungen hat 
sehr große und schöne Blüten, die einem Schmetterlinge so gleichen, daß 
man die Pflanze den vegetabilischen Schmetterling genannt hat. Die 
Damen jener Tropengegenden pflegen ihr Haar mit diesen „sitzenden 
Faltern" zu schmücken. Andere Blütenformen derselben Familie ahmen die 
Gestalten von Fliegen, Bienen oder Spinnen gewissermaßen täuschend nach. 
Daß die Insekten die Blumen lieben und sie häufig besuchen, ja in 
deren Kronen und Kelchen oft einen länger dauernden Aufenthalt nehmen, 
läßt sich täglich beobachten. Die wasserklare, sehr süße Flüssigkeit, welche 
die Blumen ausscheiden, und die wir Honigsaft oder Nektar nennen, bietet 
wie auch der Blütenstaub den Insekten geeignete Nahrungsstoffe dar. 
Meistens kennen die Tierchen die Blumen gar wohl, die ihnen nützen, 
oder lernen sie doch bald von den anderen unterscheiden. Stehen honig¬ 
führende und honiglose Blumen zwischeneinander, so sieht man bisweilen 
die Bienen in die Kronen beider hineinkriechen, bemerkt aber bald, daß sie 
sich auf die nektarspendenden Arten beschränken, wenn sie die honiglosen 
mehrfach vergeblich durchsucht haben. Den Blütenstaub pflegen die Käfer 
innerhalb der Blüte selbst zu verzehren; andere Insekten tragen denselben 
in ihren Bau, wie von den Bienen allgemein bekannt ist. Eine große 
Anzahl von Insekten vermag ohne diese Nahrung nicht zu leben. 
Vorzüglich Blumen mit lebhaften, schimmernden Farben locken die 
Insekten an und werden besonders gern von ihnen besucht. Im allge¬ 
meinen sind das freilich zugleich die reiche Nahrung spendenden Pflanzen; 
allein wie die Menschen sich des Anblicks schön gefärbter Blumen freuen, 
so scheinen auch einige Insekten sich in ähnlicher Weise an deren Farben¬ 
pracht zu ergötzen. Größere Arten von Schwebfliegen sieht man längere 
Zeit vor den prächtig gelb gefärbten, mit orangefarbenen Staubbeuteln 
und blau behaarten Staubfäden versehenen Blüten der Königskerze 
schweben, als ob sie von dem Farbenschimmer angezogen würden. Ebenso 
eine kleine Art von Schwebfliegen bei der schön himmelblauen, mit dunkleren 
Streifen gezierten Krone des Ehrenpreis. Höchst merkwürdig ist der bei 
mehreren Tagfaltern beobachtete Umstand, daß sie vorwiegend solche Blumen 
aufsuchen, welche dieselbe Farbe wie ihre Flügel besitzen. Viele unserer 
Bläulinge saugen vornehmlich an blauen Wiesenblumen; auf den Alpen 
werden feuerfarbene Lilienblüten und hochrote Korbblütler vorzugs¬ 
weise von feuerfarbenen Schmetterlingen besucht. Offenbar werden die 
Schmetterlinge auf Blumen mit übereinstimmender Farbe weit weniger
	        
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