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Tanzsäle; auch die Ratsstuben wurden von den Patriziern zum Tanzen
benutzt. Auf einem Kupferstich des Israel von Meckenen (f 1603) wird
ein solches Tanzfest, wie es am Niederrhein am Ende des 15. Jahr—
hunderts gehalten wurde, dargestellt. In der Mitte auf breitem,
pfeilerartigem VPostament stehen die blasenden Musikanten. Ringsherum
bewegen sich die tanzenden Paare, unter großen Schwierigkeiten, wie
sie bei der enggespannten Kleidung der Männer, ihren spitzen Schuhen
oder breiten Pantoffeln, und bei den langen Schleppen der Damen,
die den Herren zwischen die Füße geraten, nicht ausbleiben konnten.
Der ganze Boden des Saales ist mit solchen Schleppen bedeckt. Eine
wunderliche Mannigfaltigkeit herrscht in den bald engen, bald weiten
Kleidern der Damen. Die einen tragen spitze, zuckerhutförmige Hauben,
von welchen die Schleier bis auf den Voden fallen, andere eine turban—
ähnliche, andere eine flachere Haube, mit Kränzen und Bändern ge—
schmückt. Die Herren tragen über der engen Jacke eine weite, offen
oder über der Brust mit Schnüren versehen, oder statt ihrer einen
weiten geschnürten Oberrock, der selbst bis auf den Boden reicht,
oder ein kurzes Mäntelchen. Alle Gesichter sind bartlos, aber von
langem Lockenhaar umwallt; auf dem Kopfe tragen sie ein buntes
Band, ein Barett mit Federn oder eine Mütze gleich einem zusammen—
gefaltenen Tuch.
Die Buntheit und den Farbenreichtum damaliger Trachten, wie
überhaupt den ganzen Luxus, der mit den Stoffen, den Farben und
den Formen der Kleider getrieben wurde, kann man aus Altarbildern,
Miniaturen, Glasmalereien auf das genaueste kennen lernen. Alles
ist hier aus der vollen Wirklichkeit des Lebens gegriffen. Da sieht
man brokatne Prachtgewänder mit Gold auf rotem, schwarzem, grünem,
blauem Grunde mit hängenden, zerschlitzten, offenen, verbrämten
Ärmeln, die Kleider mit Edelsteinen und Perlen besäet; um den Hals
und die Schultern liegen oft sechs- und siebenfach vielgestaltete goldene
Ketten und Korallenschnüre; die Finger sind mit Ringen bedeckt.
Die ungewöhnliche Pracht und Mannigfaltigkeit, welche auf den
Bildern besonders in der Frauenkleidung hervortritt, begreift man
leicht, wenn man sich die Beschaffenheit der Garderobe einer da—
maligen wohlhabenden deutschen Bürgersfrau vergegenwärtigt. So
befanden sich im Jahre 1485 in der Hinterlassenschaft der Frau des
Nürnberger Bürgers Georg Winter unter anderem: vier Mäntel
von Arras und mechlischem Tuch, zwei davon mit Seide gefüttert;
an Oberkleidern sechs Röcke, eine Schaube und drei Tapperte; ferner
drei Unterkleider, sechs weiße Schürzhemden und ein schwarzes, zwei
weiße Baderöcke, auch Tapperte genannt, fünf Unterhemden, zwei
Halshemden, sieben Paar Ärmel und neunzehn Schleier; außer anderm
Schmuck über dreißig Ringe. Ein Breslauer Bürger gab seiner Tochter