fullscreen: Deutsche Dichtung in der Neuzeit (Abt. 2)

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12. „Wo ich das Brot gelassen?" 
Sprach da der Pfälzer Fritz; 
Er traf, die bei ihm saßen, 
Mit seiner Augen Blitz. 
Er tat die Fensterpforten 
Weit auf im hohen Saal; 
Da sah man allerorten 
Ins offne Neckartal. 
13. Sie sprangen von den Stühlen 
Und blickten in das Land. 
Da rauchten alle Mühlen 
Rings von des Krieges Brand; 
Kein Hof ist da zu schauen, 
Wo nicht die Scheune dampft; 
Von Rosses Huf und Klauen 
Ist alles Feld zerstampft. 
14. „Nun sprecht, von wessen Schulden 
Ist so mein Mahl bestellt? 
Ihr müßt euch wohl gedulden, 
Bis ihr besät mein Feld, 
Bis in des Sommers Schwüle 
Mir reifet eure Saat 
Und bis mir in der Mühle 
Sich wieder dreht ein Rad. 
15. Ihr seht, der Westwind fächelt 
In Stoppeln und Gesträuch; 
Ihr seht, die Sonne lächelt, 
Sie wartet nur auf euch. 
Drum sendet flugs die Schlüssel 
Und öffnet euren Schatz; 
So findet bei der Schüssel 
Das Brot den rechten Platz." 
2. Konradin. 
(1826.) 
A. a. O-, I, S. 382. 
1. Kaum ist der Frühling im Erwachen; 
Es blüht der SeeH, es blüht der 
Baum, 
Es blüht ein Jüngling dort im Nachen, 
Er wiegt sich in der Wellen Schaum. 
2. Wie eine Rosenknospe hüllet 
Ein junges Purpurkleid ihn ein, 
Und unter einer Krone quillet 
Sein Haar von güldenerem Schein. 
3. Es irret auf den blauen Wellen 
Sein sinnend Auge, wellenblau, 
Der Leier, die er schlägt, entschwellen 
Gesänge von der schönsten Frau. 
4. Des ersten Donners Stimmen hallen, 
Im Süden blitzt es blutig rot. 
Er läßt sein Lied nur lauter schallen, 
Ihn kümmert nichts als Liebesnot. 
5. Und wenn er Minne sich errungen, 
So holt er sich dazu den Ruhm 
Und herrscht, vom Lorbeerkranz um¬ 
schlungen, 
In seiner Väter Eigentum. 
6. Kind, wie du stehst im schwanken 
Kahne, 
So rufet dich ein schwanker Thron. 
Vertrau' dem Schatten nicht, dem Ahne, 
Verlassener, armer Königssohn! 
7. Du bist so stolz und unerschrocken; 
Du sinkest, eh' du es geglaubt. 
Es sitzt die Krön' auf deinen Locken, 
Als träumte nur davon dein Haupt. 
8. Er höret keine Warnungsstimme, 
Schwimmt singend auf dem Abgrund hin. 
Was weiß er von des Sturmes Grimme ? 
Nach Lieb' und Leben steht sein Sinn. 
9. So gib ihm Leben, gib ihm Liebe, 
Du wonnevolles Schivabenland, 
Verdopple deine Blütentriebe, 
Knüpf' ihm der Minne sel'ges Band! 
10. Es hat zu leben kurz der Knabe; 
Hauch' ihm entgegen Lebenslust, 
Durchwürze jede kleine Gabe 
Mit ew'ger Jugend Blütenduft! 
11. Mach' ihm den Augenblick zuJahren, 
Den er an diesen Ufern lebt, 
Daß er mit ungebleichten Haaren 
An Freude satt gen Himmel schwebt! 
12. Was ist's? Er läßt die Leier fallen, 
Er springt ans Ufer, greift zum 
Schwert. 
’) „Der Wasserspiegel des Bodensees erscheint im Frühjahr ans weite Strecken 
überdeckt mit einem gelben Staub, dem Samcnstaub der Obst- und Waldbüume am Ufer."
	        
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