Ein Wort voraus.
Der neue Unterrichtsplan kommt meinen Reformbestrebungen auf dem Gebiete
des grundlegenden Unterrichts in erfreulichster Weise entgegen und ermöglicht
mir, nun zum erstenmal unterstützt durch amtlich bindende Verfügungen,
die Fibel, mein Lebens- und Lieblingswerk, einen weiteren Schritt jener Ver-
vollkommnung entgegenzuführen, die ich langst ins Auge gefaßt, aber
in Anbetracht der gegebenen Verhaältnisse, der Gewohnheit der Lehrer und der
Anforderungen der Inspektoren nur stufenweise verwirklichen konnte.
Neu ist in meinen Fibeln vor allem:
1. Die strenge Anpassung an den neuen Unterrichtsplan, in allen
drei Teilen und in allen Lehrgegenstanden, auch in dem sonst zu Unrecht
und zum größten Nachteil so stiefmutterlich behandelten Rechtschreibunterricht.
2. Die Vervollstandigung der organischen Gliederung und die blattweise
Beisetzung der Buchdisposition in der Fibel selbst — der Zusammenschluß der Bilder
zu Familiengruppen, in denen immer wieder dieselben Kinder auftreten. In der
Familie wurzelt nahrkräftig das wahre Seelenleben des Kindes. Familien-—
geschichten seien darum insbesondere in meiner „dugendlust“ geboten, Szenen
aus dem Leben des kindes in seiner Beziehung zu Haus und Schule, zu Nach-
barn und Freunden, zu Mensch und Tier, zu Himmel und Erde, zu Sturm und
Blitz, zu Regen und Schnee, zur Kultur und Natur. — Handlungen, und nur
Handlungen, die durch Bild und Wort, durch Inhalt und Form die tatenlustige
dugend herausfordern, an Stelle des „fremden“ lIchs, ihr eigenes Ich zu setzen.
3. Der reiche kunstlerische Bildèrschmuck in allen drei Teilen, edel und nobel
in Motiv, Form und Farbe, um seiner allseitigen Bedeutung gerecht zu werden
und vor allem der wirklich ästhetischen Erziehung der Jugend zu dienen durch
die Auswahl von Themen, welche dem wohlerzogenen sechsjährigen kinde
und der vernunftigen Aufgabe der Schule allseitig entsprechen. Lachen, herzlich
lachen sollen die lieben Kleinen. Allein weder an Max- und Moritʒ-Streichszenen,
noch an sinnenaffizierenden Buntscheckklecksen, weder an tollen Gassenbubengeschich-
ten, noch an schrullenhaften Modekarikaturen, sondern an echter Kunst sollen sie sich
ergötzen. Die wahre Erziehung ist nicht Launenbefriedigung und Momentbelusti-
gung, sondern Veredelung, lcherstarkung im Dienste des Schönen, Vahren und
Guten. Niemals kann das Prinzip der Naturgemaßheit, soll es nicht tolle Ein-
seitigkeit predigen, ohne Einschluß des tele ologischen Momentes zum pãda-
gogischen Obersjatʒ gestempelt werden. Erstreben wir einen Unterricht, der nicht
nur dem Augenblick dient, sondern mit dem ersten Schritt wegführend einem
stufenweise zu erreichenden höheren Ziele zusteuert — allenthalben, auch in der