37
II
die Preußen an; als die Gewehre versagten, wurden die Kolben benützt. Bald
mußten die Franzosen weichen; endlich loste sich ihr Heer in wilder Flucht auf.
Die Preußen jagten den Fliehenden nach, welche durch die Katzbach zu entkommen
suchten; aber der Fluß war vom Regen angeschwollen und sehr reißend, er wurde
Tausenden zum nassen Grabe. Blücher nützte seinen Sieg auch vollständig aus.
„Nur vorwärts, Kinder, ihr könnt eurem Könige eine neue Schlacht sparen", rief
er seinen ermüdeten Truppen zu, und sein Wort weckte neue Begeisterung. Die
Franzosen verloren gegen 30 000 Mann und über 100 Kanonen; Schlesien war
vom Feinde befreit. Blücher wurde vom Könige durch die Erhebung zum Feld¬
marschall und durch den Titel „Fürst von Wahlstatt" ausgezeichnet; die L>sldaten
aber nannten ihn „Marschall Vorwärts".
Das Hauptheer der Verbündeten wurde von Napoleon bei Dresden ange¬
griffen. Die Verbündeten verloren die Schlacht und mußten sich nach Böhmen
zurückziehen. Einer der tapfersten französischen Feldherren griff sie bei diesem
Rückzüge an, wurde aber (bei Nollendors) geschlagen und mit seinem Heere ge¬
fangen genommen.
f. Die Schlacht bei Leipzig. Im Anfange Oktober überschritt das schle¬
sische Heer die Elbe und vereinigte sich mit dem Nordheere. Napoleon zog
seine Truppen bei Leipzig zusammen. Hier fand am 16. und 18. Oktober
1813 die Völkerschlacht bei Leipzig statt. Hier kämpften fast alle Völker
Europas in den versammelten Heeren. Am 16. Oktober errang nur Blücher
'einen vollständigen Sieg über die Franzosen; an einer anderen Stelle hatte
Napoleon große Vorteile errungen. Am 17. Oktober, einem Sonntage, war
Waffenruhe. Am 18. Oktober wurde Napoleon nach einem furchtbar mör¬
derischen Kampfe besiegt und mußte sich nach Leipzig zurückziehen.
Am nächsten Tage nahmen die Verbündeten Leipzig ein, wobei durch die
Sprengung der Elsterbrücke 20 000 Polen und Franzosen gefangen wurden.
In der Schlacht bei Leipzig waren gegen 80 000 Mann verwundet oder ge¬
lötet worden; aus Mangel an Pflege, durch ansteckende Krankheiten und Ent'
behrungen gingen viele Verwundete zu Grunde. Doch hatten die Verbündeten
einen großen Erfolg errungen: Deutschland war von der französischen Herr¬
schaft befreit.
g. Der Feldrng des Jahres 1814. Napoleon war mit dem Reste seines
Heeres nach Frankreich geeilt, und die verbündeten Fürsten schwankten lange, ob
sie ihn im eigenen Lande angreifen sollten. Endlich siegte die Ansicht Blüchers,
den Feind weiter zu verfolgen. In der Neujahrsnacht 1814 überschritt Blücher
bei Kaub den Rhein. Allein es kostete noch harte Kämpfe, bis Napoleon gänzlich
besiegt war, und noch mancher deutsche Krieger wurde in französische Erde gebettet.
Endlich wurde Paris eingenommen; am 31. März 1814 zogen Kaiser Alexander
und König Friedrich Wilhelm III. mit ihren Truppen in Paris ein.
# Napoleon mußte abdanken; er erhielt die kleine Insel Elba an der Küste
Italiens als Wohnsitz. Auf den Thron Frankreichs wurde ein Bruder des er¬
mordeten Königs berufen. Im ersten Pariser Frieden behielt Frankreich denselben
Umfang, den es vor der Revolution gehabt hatte.
König Friedrich Wilhelm III. kehrte nach Berlin zurück, wo ein großes
Siegesfest gefeiert wurde. Die Abgesandten aller europäischen Fürsten versam¬
melten sich in Wien, wo die neue Ordnung der Länder beraten werden sollte.
Aber der französische Unterhändler wußte sie so gegen einander aufzubringen, daß
beinahe ein neuer Krieg unter den Verbündeten ausgebrochen wäre. Da wurden
plötzlich alle durch die Nachricht geeint: Napoleon hat Elba verlassen und ist wieder
Herrscher von Frankreich.