2. Ich schaue und horche und weiß es kaum;
ich träume einen stolzen Traum,
wie Form geworden der Menschengeist,
donnernd um Achse und Achse kreist.
.3. Da schreit ein Kindchen neben mir
und übertönt das Eisentier.
Es klang so weh — mein Traum zerrinnt;
so blaß, so mager ist das Kind.
4. Im Wagen schwankt die Dämmerung,
und Gaslicht schwankt und Schattensprnng;
aus rotgewürfeltem Bettchen sticht
so spitz heraus das kleine Gesicht.
5. Von Kisten uub Kasten überdrängt,
von Säcken und Päcken eingezwängt,
schaukelt die Mutter ihr Kind zur Ruh
und summt ein Wiegenlied dazu.
6. Und rund herum, bedrückt und schwer,
verworrene Worte hin und her;
Gesichter, furchig, knochig, stumpf
und Menschendünste, dick und dumpf.
7. Zusammengeduckt mit Hab und Gut,
mit ihrem letzten bißchen Mut,
aus Polen und Preußen sitzen sie da
und wollen nach Amerika.
8. Nur weun das Wort „drüben" fällt,
grünt eine ferne Hoffnungswelt,
und alle atmen tiefer dann,
und alle sehn sich nickend an.
9. Und durch ihr Munkeln, ihr Geschwürm,
durch Rädergcpolter und Eisenlärm,
wie Stimmen der Erlösung ziehn
der Mutter leise Melodien.
10. O heil'ger Stall von Bethlehem,
dein Wunder ist noch heut zu sehn,
wenn eine Wöchnerin beglückt
ihr Kind in Armut an sich drückt!
Wacker, Lesebuch. A. VIII. Teil.
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