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Früchte prangten neben einander; nichts dorrte und welkte, sondern ewig
grün und frisch waren Wald und Fluren. Die beiden ersten Menschen
und ihre zahlreiche Nachkommenschaft lebten mühelos unter dem Schutze
der Götter. Diese selbst vermählten sich mit Frauen aus dem Riesen¬
geschlecht. Ihren Gemahlinnen und den Familien derselben gaben sie
Theil an der Weltregierung.
Seiner ersten Gemahlin übergab Odin die Herrschaft über die Erde
und nannte sie deshalb Jördh, d. h. Gebieterin der Erde. Allein sie
zeigte bald, daß ihr Sinn an die Erde gebannt war; sie fand keine
Ruhe in der reinen Himmelsluft, irdische Sorgen quälten sie; sie sehnte
sich zurück nach ihrer alten Heimat. Aus Mitleid mit ihrem Kummer
entließ sie endlich Odin in Frieden. Seitdem wohnt sie im Hause ihrer
Mutter; aber sie waltet mit ihrem ganzen Geschlechte über die Erde und
ihre Bewohner. Sechs andere Jungfrauen aus dem Stamm der Riesen
führte Odin darauf nach einander heim; allein keine harrte in Asgard
aus; alle kehrten nach kurzer Frist nach Jötunheim zurück. Nur Frigg,
seine achte Gemahlin, verließ ihn nicht wieder. Seit ihrem Einzuge
herrschte in Asgard eine ungetrübte Seligkeit; denn sie war so schön und
anmuthig und liebreich, daß alle Menschen durch ihren bloßen Anblick
beseligt wurden. Mütterlich schaltete sie im Himmel; aber auch auf
Erden weilte sie gern, und die Menschen nannten sie wegen ihrer un¬
aussprechlichen Holdseligkeit Holda. So lange sich ihrem Zauber alles
beugte, durchlebte die beglückte Welt die Zeit der Unschuld und Liebe.
Odin war von jeder seiner Gemahlinnen mit einem Sohne beschenkt
worden. Die Göttersöhne brauchten nicht, wie die Menschen, Jahre
dazu, um zu vollkommener Größe heranzuwachsen; wenige Tage nach
ihrer Geburt waren sie ausgebildet.
Das kriegerische Germanenvolk dachte sich seinen höchsten Gott Odin
in vollem Waffenschmucke, mit Helm, Schwert und Speer aus weißem
Rosse durch die Lüfte jagend und über die Wasser sticgend. Wenn er
an der Spitze seiner Helden ans die Jagd ausfährt, bebt das Volk von
dem Nahen des wilden Heeres. Noch lebt sein Andenken in vielen
Namen fort. Ihm waren besonders die Berge heilig, so der Godes¬
berg bei Bonn, der Gudensberg bei Geismar. Sein heiliger Wochentag
war der Mittwoch, der Wodnestag.
Aus Wodans oder Odins Vermählung mit der Erde entsproß der
kraftvollste und erhabenste seiner Söhne, Thor oder Donar. Er ist seines
Vaters rechte Hand, der über Regen und Wolken gebietet, sich durch
Wetterstrahl und rollenden Donner ankündigt, aber bei aller Furchtbar¬
keit den Menschen freundlich gesinnt, hilfreich und besonders der unver¬
drossene Beschützer seiner Mutter Erde ist. Wie Wodan besonders der
Gott der Helden und kriegerischen Begeisterung ist, so ist Donar vor¬
zugsweise der Gott des Landmanns und der friedlichen Pflege des Acker-