319
iT'--
als Rächer Adelheids die erwünschte Gelegenheit fand, sich des italischen
Königreichs zu bemächtigen und im Besitz desselben das abendländische
Kaisertum zu erneuern. Aber nur wenn er Adelheids Interessen unauf¬
löslich mit den [einigen verband, konnte er, der nordische Fremdling,
festen Fuß in dein italischen Reiche fassen und sich dort gleichsam heimisch
machen. So ergriff ihn der Gedanke, der jungen Königin, die im Kerker
schmachtete, weil sie Italiens Hoffnung war, seine Hand und seinen
Thron anzubieten. Was er von vielen, die auf der Pilgerfahrt nach
Rom au Lothars Hofe freundliche Aufnahme gefunden hatten, von der
Anmut, der Liebenswürdigkeit und den Sitten Adelheids gehört hatte,
mußte ihn in diesem Vorhaben bestärken.
Bald war Ottos Entschluß gefaßt, mit Heeresmacht Berengar zu
bekriegen, Adelheid zu befreien, das Königreich Italien mit ihrer Hand
zu gewinnen und so sich den Weg zum kaiserlichen Throne zu bahnen. Es
war der größte Entschluß, den Otto jemals gefaßt. Er berief die
Großen des Reichs, eröffnete ihnen seine Absicht, nach Italien und Rom
zu ziehen, alle stimmten freudig zu, und im Sommer des Jahres 951
wurde in allen Gauen der deutschen Länder mit Macht zum großen
Zuge über die Alpen gerüstet.
Mit einem wohlgerüsteten, glänzenden Heere war Otto aufgebrochen.
Es begleiteten ihn seine Brüder Herzog Heinrich von Bayern und der
Erzkapellan Brun; auch sein Schwiegersohn, der mutige Konrad von
Lothringen, leistete Heeresfolge. Am Brenner überstieg man die
Alpen und zog in das Thal der brausenden Etsch hinab. Mutig
ging der König auf das letzte und höchste Ziel seines Lebens zu.
Trient öffnete Otto die Thore; auch Verona nahm ohne Kampf
den König ans. So ergoß sich das deutsche Heer, ohne Widerstand zu
finden, in die reiche Ebene der Lombardei. Berengar wagte sich nirgends
zum Kampfe zn stellen; wohin Otto kam, überall öffneten sich ihm die
Thore, und vor allen schlossen sich die Bischöfe bereitwillig ihm an.
Berengar hatte sich in Pavia eingeschlossen; aber kaum näherte sich Otto
der Stadt, so floh er feige von dannen; schon am Tage darauf rückten
die Deutschen ein. Auf eine seiner Burgen rettete sich Berengar, um
wenigstens seine Person vor dein übermächtigen Feinde 31t sichern. ..
Ohne Schwertstreich war Otto in die Hauptstadt Berengars ein¬
gezogen ; ohne Blutvergießen hatte er sein Anrecht auf das schöne König¬
lich im Süden zur Geltung gebracht. Aber er stand damit nicht am
Ziel seiner Absichten. Sich die Eroberung Italiens durch Adelheids