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ihren Brief, „übergebe Ich Ihnen zugleich nach Anordnung Seiner
Majestät des Kaisers und Königs das Verdienstkrcuz, mit welchem
Allerhöchstderselbe die hervorragenden Thaten deutscher Frauen und
Jungfrauen während des jüngsten Krieges ausgezeichnet hat, mit der
Bestimmung, dasselbe bei Ihrer Genossenschaft bewahren zu wollen
zur dauernden Erinnerung an deren Wirken in großer Zeit, aber
auch an den Dank, den Ich als des Deutschen Reiches Kaiserin wie
als Preußens Königin ihr schulde und mit Freuden darbrachte."
Die Samariterdicnste der Mutter Franziska und ihrer Schwestern
während der drei Kriege waren Werke, die die Augen der Menschen
aus sich lenkten. Wie manches Liebcswerk aber ist gar nicht oder
doch nur in einem engen Kreise bekannt geworden! Wie viele Ver¬
dienste hat sie sich nicht erworben durch die in mehreren rheinischen
Großstädten unter ihrer Beihilfe gegründeten oder geleiteten Mägde-
häuscr für die vom Lande in das Gewirre der Großstädte strömenden
oder stellenlos gewordenen weiblichen Dienstboten!
Im Spätherbst 1876 erkrankte Mutter Franziska an einem
schweren inneren Leiden und starb bald darauf, aufs tiefste betrauert
von allen, die sie gekannt hatten. Die ehrendste Anerkennung wurde ihr
von der Kaiserin Augusta zu teil. Sie schickte zum Leichenbegängnis
des „lieben Mütterchens" — so pflegte die Kaiserin die bescheidene
Ordcnsfrau zu nennen — ein schönes Kreuz aus Moos und weißen
Immortellen.
195. Proklamation Kaiser Wilhelms I. an
das deutsche Volk.
IS. Januar 1871.
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preussen, ver¬
künden hiermit: Nachdem die deutschen Fürsten und freien Städte
den einmütigen Ruf an Uns gerichtet haben, mit Herstellung des
deutschen Reichs die seit mehr denn sechzig Jahren ruhende
deutsche Kaiserwürde zu erneuern und zu übernehmen, und nach¬
dem in der Verfassung des deutschen Bundes die entsprechenden
Bestimmungen vorgesehen sind, bekunden Wir hiermit, dass Wir
es als Pflicht gegen das gesamte Vaterland betrachten, diesem
Rufe der verbündeten deutschen Fürsten Folge zu leisten und die