Full text: Leitfaden für den Geschichts-Unterricht in Mittelschulen und den unteren Klassen höherer Lehranstalten

1. Der erste Kreuzzug. Eroberung von Jerusalem. 
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V. Die AreuMge. 
1. Der erste Kreuzzug. Eroberung von Jerusalem. 
Jerusalem war schon seit den Zeiten Constantins nnb seiner 
Mutter Helena bas Ziel ber Wallfahrten frommer Christen. Die 
Araber, bie sich in ber ersten Hälfte bes 7. Jahrhunderts zu 
Herren von Palästina machten, legten den Pilgern keine Hindernisse 
in den Weg; verehrten sie doch selbst Jerusalem als einen heiligen 
Ort. Anders wurde es schon, als das Land in die Hände der 
egyptischen Ch alifen kam. Als sich aber die seldschnkkischen 
Türken Jerusalems bemächtigten, da begannen die Drangsale derio 
eingebornen Christen und der Pilger unerträglich zu werden. Die 
heiligen Orte wurden verunreinigt, die Kirchen entweiht, der Gottes¬ 
dienst verhöhnt und gestört. Wer von den Pilgern die Stadt 
erreichte, mußte oft Monate lang vor den Thoren liegen, dem 
Hunger und den Seuchen preisgegeben, um dann nur gegen hohe 
Abgaben eingelassen zu werden. Und doch waren gerade fetzt die 
Pilgerfahrten in steter Zunahme begriffen. Einzelne und ganze 
Schaaren, Geistliche und Laien, Vornehme und Geringe, Männer 
und Frauen nahmen Pilgerstab und Muschelhut, um am heiligen 
Grabe zu beten. Da wurde denn der Gedanke, Palästina zn einem 
christlichen Reiche zu machen, immer mächtiger in den Herzen der 
abendländischen Christen. Schon Gregor VII. forderte zn einem 
Zuge nach dem heiligen Lande auf, um die Ungläubigen aus dem¬ 
selben zu vertreiben; aber sein Streit mit Heinrich IV. hinderte 
ihn an der Ausführung des Unternehmens, das erst unter seinem 
zweiten Nachfolger ins Werk gesetzt werden sollte. 
Den letzten Anstoß zu den großartigen Völkerbewegungen nach 
Osten, die wir unter dem Namen Kreuzzüge kennen, gab ein Ein¬ 
siedler, Namens Peter von Amiens. Früher Kriegsmann, hatte 
er sich später einem beschaulichen Leben gewidmet und war auch 
nach Jerusalem gepilgert. Dort lernte er aus eigener Anschauung 
und Erfahrung die Leiden der Christen kennen, und in seinem heiligen 
Eifer glaubte er sich berufen, die Christenheit zu einer Heerfahrt 
nach dem heiligen Lande zu begeistern. Mit Erlaubniß Papst Ur¬ 
bans II. zog er durch Italien und Frankreich, mit flammenden 
Worten die Menge auffordernd, zum Schwerte zu greifen und das 
heilige Grab den Ungläubigen zu entreißen. Seine äußere Er¬ 
scheinung erhöhte die Macht seiner Reden. Abgezehrt von Hunger 
nnd Durst und langen Beschwerden, barfuß und mit entblößtem 
Scheitel, in Lumpen gekleidet, einen Strick um die Lenden und in 
der Hand ein Kruzifix, so zog er auf einem Esel sitzend von Stadt 
zu Stadt, von Land zu Land. Seine unwiderstehliche Beredsamkeit 
riß seine Hörer mit sich fort zn gleich schwärmerischer Begeisterung.
	        
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