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den Hut auf dem Kopfe behält, der ist der Kaiser." Bei diesen Worten nahm
kr ihn bei der Hand und ging mit ihm nach dem Saal des Kaisers. Je
näher Almansor kam, desto lauter pochte ihm das Herz, und die Kniee fingen
lhm an zu zittern, als sie sich der Thüre näherten. Ein Bedienter öffnete
die Thüre, und da standen in einem Halbkreis wenigstens dreißig Männer,
alle prächtig gekleidet und mit Gold und Sternen überdeckt, wie es Sitte
ist im Lande der Franken bei den vornehmsten Aga's und Pascha's der Könige,
und Almansor dachte, sein Begleiter, der so unscheinbar gekleidet war, müffe
der geringsten einer sein unser diesen. Sie hatten alle das Haupt entblößt,
und Almansor fing nun an, nach dem zu suchen, der den Hut auf dem Kopfe
hätte; denn dieser mußte der Kaiser sein. Aber vergebens war sein Suchen.
Alle hatten den Hut in der Hand, und der Kaiser mußte also nicht unter
ihnen sein; da fiel sein Blick zufällig auf seinen Begleiter, und siehe —
dieser hatte den Hut auf dem Kopfe sitzen!
Der Jüngling war erstaunt, betroffen. Er sah seinen Begleiter lange
an und sagte dann, indem er selbst seinen Hut abnahm: „Salem aleicum,
Petit-Caporal! So viel ich weiß, bin ich selbst nicht der Sultan der Franken,
also kommt es mir nicht zu, mein Haupt zu bedecken; doch du bist der, der
den Hut trägt, — Petit-Caporal, bist denn du der Kaiser?"
„Du hast's errathen," antwortete jener, „und überdies bin ich dein
Freund. Sei versichert, daß du mit dem ersten Schiffe in dein Vaterland
zurücksegelft. Gehe jetzt wieder hinein zu meiner Frau, erzähle ihr vom
arabischen Professor. Die Häringe und den Salat will ich dem Doktor
schicken, du aber bleibst während deines Aufenthaltes in meinem Palast."
So sprach der Mann, der Kaiser war; Almansor aber fiel vor ihm
nieder, küßte seine Hand und bat ihn um Verzeihung, daß er ihn nicht erkannt
habe, er habe es ihm gewiß nicht angesehen, daß er Kaiser sei.
„Du hast Recht," erwiederte jener lachend, „wenn man nur wenige
Tage Kaiser ist, kann man es nicht an der Stirn geschrieben haben."
Seit diesem Tage lebte Almansor glücklich und in Freuden. Den ara¬
bischen Professor, von welchem er dem Kaiser erzählte, durfte er noch einige¬
mal besuchen, den Doktor aber sah er nicht mehr. Nach einigen Wochen
ließ ihn der Kaiser zu sich rufen und kündigte ihm an, daß ein Schiff vor
Anker liege, mit dem er ihn nach Aegypten senden wolle. Almansor war
außer sich vor Freude; wenige Tage reichten hin, um ihn auszurüsten, und
mit einem Herzen voll Dankes und mit Schätzen und Geschenken reich beladen,
reiste er ab an's Meer und schiffte sich ein. Aber Allah wollte ihn noch
länger prüfen, wollte seinen Muth im Unglück noch länger stählen. Ein
anderes fränkisches Volk, die Engländer, führten damals Krieg mit dem Kaiser
auf der See. Sie nahmen ihm alle Schiffe weg, die sie besiegen konnten,
und so kam es, daß am sechsten Tage der Reise das Schiff, auf welchem sich
Almansor befand, von einigen englischen Schiffen umgeben und beschossen
wurde; es mußte sich ergeben, und die ganze Mannschaft wurde auf ein
kleineres Schiff gebracht, das mit den andern weiter segelte. Doch, auf
der See ist es nicht weniger unsicher, als in der Wüste, wo unversehens
die Räuber auf die Karavanen fallen, todtschlagen und plündern. Ein Kaper
von Tunis überfiel das kleine Schiff, das der Sturm von den größern
Schiffen getrennt hatte, es wurde genommen, und alle Mannschaft nach Algier
geführt und verkauft.