Full text: Deutsches Lesebuch für die mittleren Klassen und die Secunda höherer Lehranstalten

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Da springen die Kindlein alle heran: 
„O Vater, wer? wie heißt der liebe Mann?" 
Die Mutter frägt: „Nun, Vater, sage mir, 
Gar einen Herrn ludest Du zu Dir?" 
Ter Vater aber lächelt, sagt es nicht, 
Und Freude glänzt in fernem Angesicht. 
Am Sonntag ruft der Morgenglocken Hall; 
Zum lieben Gotteshause ziehn sie all, 
Und immer seufzt der Vater innerlich: ' 
„O liebster Jesu, komm, besuche mich! 
Du hast gehungert: ach, so möcht' ich gern 
Dich einmal speisen, meinen guten Herrn." 
Wie die Gemeinde drauf nach Hause geht, 
Die Mutter bald am Heerde wieder steht. 
Das Huhn ist weich, die Suppe dick und fett; 
Sie deckt den Tisch, bereitet alles nett, 
Trägt auf, und denkt beim zwölften Glockenschlag: 
Wo doch der Gast so lange bleiben mag! 
Es schlägt aus Eins: da wird's ihr endlich bang: 
„Sprich, lieber Mann, wo weilt Dein Gast so lang? 
Die Suppe siedet ein, die Kinder stehn 
So hungrig da, und noch ist nichts zu sehn. 
Wie heißet denn der Herr, ich glaube fast, 
Daß Du vergeblich ihn geladen hast." 
Der Vater aber winkt den Kinderlein: 
„Seid nur getrost! er kommt nun bald herein." 
Drauf wendet er zum Himmel das Gesicht 
Und faltet zum Gebet die Hände, spricht: 
„Herr Jesu Christe, komm, sei unser Gast, 
Und segne uns, was Du bescheret hast!" 
Da klopft es an der Thüre: seht, ein Greis 
Blickt matt herein, die Locke silberweis! 
„Gesegn' euch's Gott! Erbarmt euch meiner Noth! 
Um Christi willen nur ein Stücktein Brod! 
Schon lange bin ich hungrig umgeirrt: 
Vielleicht, daß mir bei euch ein Bissen wird." 
Äa eilt der Vater: „Komm, Du lieber Gast! 
Wie Du so lange doch gesäumet hast! 
Schon lange ja Dein Stuhl dort oben steht! 
Komm, labe Dich! Du kommst noch nicht zu spät." 
Und also führet er den armen Mann 
Mit hellen Augen an den Tisch hinan. 
Und „Mutter, sieh doch! scht^ihr Kinderlein! 
Den Heiland lud ich vor acht Dagen ein; 
Ich wußt' es wohl, daß, wenn man Jesum läd't, 
Er Einem nicht am Haus vorüber geht; 
O Kinder, seht! in diesem Aermsten ist 
Heut unser Gast der Heiland Jesus Christ." 
05. Die Schlacht bei Zülpich. 
(Don Karl Simrock.) 
1. Chlodewig, der Frankenkönig, sah in Zülpick's heißer Schlacht, 
Daß die Alemannen siegten durch der Volkszahl Uebermacht. 
2. Plötzlich aus des Kampf's Gedränge hebt er sich auf stolzem Roß, 
Und man sah ihn herrlich ragen vor den Edlen, vor dem Troß. 
3. Beide Arme, beide Hände hält er hoch empor zum Schwur, 
Ruft mit seiner Eisenstimme, daß es durch die Reihen fuhr: 
4. „Gott der Christen, Gott am Kreuze, Gott, den mein Gemahl verehrt, 
So du bist ein Gott der Schlachten, der im Schrecken niederfährt,
	        
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