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6. Der Himmel hilft, die Hölle muß unS weichen!
Drauf, wackres Volk! Draus, ruft die Freiheit, draus!
Hoch schlägt dein Herz, hoch wachsen deine Eichen.
Was kümmern dich die Hügel deiner Leichen?
Hoch pflanze da die Freiheitsfahne auf!
Doch stehst du dann/ mein Volk, bekränzt vom Glücke,
In deiner Vorzeit heil'gem Siegerglanz:
Vergiß die treuen Todten nicht und schmücke
Auch unsre Urne mit dem Eichenkranz!
37. Soldaten - Morgenlied
(Von Max von Schenkenderf.)
1. Erhebt euch von der Erde,
Ihr Schläfer aus der Ruh;
Schon wiehern uns die Pferde
Den guten Morgen zu.
Die lreben Waffen glänzen
So hell im Morgenroth,
Man träumt von Siegeskränzen,
Man denkt auch an den Tod.
2. Du reicher Gott, in Gnaden
Schau her vom blauen Zelt,
Du selbst hast uns geladen
In dieses Wafsenfeld.
Laß uns vor dir bestehen
Und gieb uns heute Sieg!
Die Christenbanner wehen,
Dein ist, o Herr! der Krieg.
3. Ein Morgen soll noch kommen,
Ein Morgen mild und klar,
Sein harren alle Frommen,
Ihn schaut der Engel Schaar.
Bald scheint er sonder Hülle
Auf jeden deutschen Mann.
O brich, du Tag der Fülle,
Du Freiheitstag, brich an!
4. Dann Klang von allen Thürmen
Und Klang aus jeder Brust,
Und Ruhe nach den Stürmen
Und Lieb' und Lebenslust!
Es schallt aus allen Wegen
Dann frohes Siegsgeschrei.
Und wir, ihr wackern Degen,
Wir waren auch dabei!
38. Des Knaben Berglied 2 3).
(Von Ludwig Ubland.)
1. Ich bin vom Berg der Hirtenknab',
Seh' auf die Schlösser all herab.
Die Sonne strahlt am ersten hier,
Am längsten weilet sie bei mir.
Ich bin der Knab' vom Berge!
2. Hier ist des Stromes Mutterhaus,
Ich trink ihn frisch vom Stein heraus;
Er braust vom Fels in wildem Laus,
Ich sang ihn mit den Armen aus.
Ich bin der Knab' vom Berge!
3. Der Berg, der ist mein Eigenthum,
Da zieh'n die Stürme rings herum,
Und heulen sie von Nord und Süd,
So überschallt sie doch mein Lied:
Ich bin der Knab' vom Berge!
4. Sind Blitz und Donner unter mir,
So steh' ich hoch im Blauen hier;
Ich kenne sie und rufe zu:
Laß meines Vaters Haus in Ruh!
Ich bin der Knab' vom Berge!
5. Und wenn die Sturmalock' einst erschallt,
Manch Feuer auf den Bergen wallt,
Dann steig' ich nieder, tret' in's Glied,
Und schwing' mein Schwert, und sing'
mein Lied:
Ich bin der Knab' vom Berge.
39. Die Kapelle 3).
(Von Ludwlig Uhland.)
1. Droben stehet die Kapelle,
Schauet still ins Tbal hinab;
Drunten singt bei Wies' und Quelle
Froh und hell der Hirtenknab'.
2. Traurig tönt das Glöcklein nieder,
Schauerlich der Leichenchor,
Stille sind die frohen Lieder,
Und der Knabe lauscht empor.
3. Droben bringt man sie zu Grabe,
Die sich freuten m dem Thal;
Hirtenknabe, Hirtenknabe!
Dir auch singt man dort einmal.
C. Gude, Erläuterungen deutscher Dichtungen IV. S. 56 ff.
2) Zur Erklärung s. S. 362. Anm. 1.
3J C. Gude, Erläuterungen deutscher Dichtungen IV. 124 f.