fullscreen: Unterstufe (Teil 2 = Klasse 5, [Schülerband])

Der Kampf um Troja. 
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nach dem Grunde seines Kummers. Da schüttete er der Teuren sein 
Herz aus und erklärte ihr, den Tod des Freundes an Hektor rächen 
zu wollen. Darauf sprach Thetis: „Ich wehre dir nicht; denn gerecht 
ist dein Kummer und löblich der Entschluß, den Toten zu ehren und 
den Freunden wieder zu helfen. Aber was wolltest du waffenlos, wie 
du jetzt bist, ausrichten? Warte also bis morgen! Bald komme ich 
zurück mit einer neuen Rüstung, die dir Hephästos selbst schmieden wird." 
Eos, die Göttin der Morgenröte, stieg im Osten herauf, als Thetis 
mit den herrlichen Waffen im Zelte ihres lieben Sohnes ankam. Noch 
fand sie ihn hingestreckt neben Patroklos' Leichnam und um ihn her 
die Klageweiber. Achilleus aber erfaßte in wilder, rachlustiger Kampfes¬ 
freude das kunstvolle Werk des Schmiedegottes, legte die Rüstung an, 
schritt zu den Schiffen und Zelten der übrigen Griechen hin und schrie 
sie mit seinem furchtbaren Rufe wach. Da jauchzten alle, als sie seine 
Stimme wieder hörten, die für sie so lange geschwiegen hatte. Sie sprangen 
auf und eilten dem bekannten Versammlungsplatze zu. Nachdem sich 
alle der Ordnung nach gesetzt hatten, ergriff Achilleus das Scepter und 
sprach: „Sohn des Atreus, laß uns versöhnt sein; denn das war ja 
längst unser aller Wunsch. Meinen Zorn habe ich besänftigt, da Un¬ 
versöhnlichkeit dem edlen Manne nicht ziemt. Laß uns nun eilen, da¬ 
mit wir die Völker ins Treffen führen; ich meine, die Troer sollen 
heute nicht mehr daran denken, unsere Schiffe in der Nähe zu sehen!" 
Ein hell aufschallendes Jubelgeschrei ließ ihn nicht weiter reden. 
Dies einzige Wort, daß er versöhnt sei, erfüllte alle Herzen mit Froh¬ 
locken. Der edle Agamemnon aber bekannte in seiner Herzensfreude, 
daß ihn längst seine Ungerechtigkeit gegen den Helden gereut habe und 
daß er nun bereit sei, ihn durch reiche Geschenke vollends zu versöhnen. 
Achilleus erwiderte freundlich: „Reiche mir die Geschenke oder behalte 
sie; ich bestehe nicht darauf. Nur laß uns des Krieges gedenken und 
ohne Verzug die Scharen gegen den Feind führen; denn heute wird 
es der Arbeit viel geben, und große Taten müssen vollbracht werden!" 
Die Troer standen bereits gerüstet im Felde. Wie der brausende 
Sturmwind einen Haufen trockenen Laubes im Herbste vor sich her treibt, 
so rasch und dicht gedrängt flogen die Scharen der Griechen gegen die 
Feinde heran, von ihren Führern getrieben. 
Trotzig erwartete Hektor seinen Gegner. Aber kaum nahte ihm 
der ungeheure Mann mit dem entsetzlichen Blicke und den gewaltigen 
Armen, kaum hörte er dessen wildes Hohngeschrei, als ihm plötzlich 
aller Mut entsank; ein unbesiegbarer Trieb jagte ihn von dannen und be¬ 
flügelte seine Schenkel. Er flog längs der Stadtmauer hin wie die Taube, 
die dem Habichte entrinnen möchte. Aber wie der Habicht mit stärkerer 
Kraft den schüchternen Vogel verfolgt, so auch Achilleus den fliehenden 
Metier u. Nagel. Deutsches Lesebuch. ?lusg B. C. Teil II. 9
	        
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