Ludwig Uhiand.
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50 Da standen nun auf eines Hügels Saume
Im Kreis der Fürsten, sichtbar allem Volk,
Die beiden Männer, die aus freier Wahl
Das deutsche Volk des Thrones wert erkannt
Vor allen, die der deutsche Boden nährt,
55 Von allen Würdigen die Würdigsten.
Und so einander selbst an Würde gleich,
Daß fürder nicht die Wahl zu schreiten schien.
Und daß die Wage ruht' im Gleichgewicht.
Da standen sie, das hohe Haupt geneigt,
60 Den Blick gesenkt, die Wange schamerglüht.
Von stolzer Demut überwältiget.
Ein königlicher Anblick war's, ob dem
Die Thräne rollt' in manchen Mannes Bart.
Und wie nun harrend all' die Menge stand,
65 Und sich des Volkes Brausen so gelegt,
Daß man des Rheines stillen Zug vernahm
(Denn niemand wagt' es, diesen oder den
Zu küren mit dem hellen Ruf der Wahl,
Um nicht am andern Unrecht zu begehn,
70 Noch aufzuregen Eifersucht und Zwist),
Da sah man plötzlich, wie die beiden Herrn
Einander herzlich faßten bei der Hand
Und sich begegneten im Bruderkuß.
Da ward es klar, sie hegten keinen Neid,
75 Und jeder stand dem andern gern zurück.
Der Erzbischof von Mainz erhub sich jetzt:
„Weil doch, so rief er, einer es muß es sein.
So sei's der ältre." Freudig stimmten bei
Gesamte Fürsten und am freudigsten
80 Der jüngre Kunrad; donnergleich erscholl,
Oft wiederholt, des Volkes Beifallsruf.
Als der Gewählte drauf sich niederließ,
Ergriff er seines edlen Vetters Hand
Und zog ihn zu sich auf den Königssitz.
85 Und in den Ring der Fürsten trat sofort
Die fromme Kaiserwitwe Kunigund;
Glückwünschend reichte sie dem neuen König
Die treu bewahrten Reichskleinode dar.
Zum Festzug aber scharten sich die Reihn,