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48 Justus Möser.
Justus Möser.
Patriotische Phantasien von Justus Möser. Herausgegeben von seiner Tochter. Berlin 1786.
Nicolai. IV. Teil. S. 103.
24. Der Wirt muß vorauf. Brief einer Landwirtin.
Sie wundern sich, daß meine Leute noch keinen Kaffee trinken und
überhaupt so ordentlich sind? O! mein liebes Kind, ich kann was ich will,
und der Henker sollte mir den Dienstboten holen, der mir ein einziges Mal
über die Schnur hiebe. Ordnung im Haushalt ist keine Hexerei, und ich
habe ein so sicheres Mittel, meine Leute vom Kaffee abzuhalten, daß ich
alles in der Welt darauf wetten will, sie trinken ihn nicht. Das Schnackigste
aber ist, daß ich dieses Mittel von meiner Viehmagd gelernt habe. Diese
wollte, wie ich meinen Mann geheiratet hatte, und wir unsere Pachtung
antraten, nicht früh genug aufstehen, und wie ich sie darüber zur Rede
stellte, gab sie mir zur Antwort: Bi us moet der Wert vorup. Dies
schallete mir durch die Ohren, und auf einmal erleuchtet, fühlte ich die
ganze Wahrheit, daß alles in der Haushaltung durch einen guten Vorgang
gezwungen werden müsse, und daß es eine Thorheit sei, sich um acht Uhr
aus dem Bette zum Kaffee wecken zu lassen und von dem Gesinde zu
fordern, daß es um drei Uhr an der Arbeit sein und sich nicht auch eine
verstohlne Freude machen sollte. Wie es des andern Morgens drei schlug,
sagte ich daher zu meinem Mann: der Wirt muß vorauf, und so wie er
dieses einigemal gethan hatte, war alles Gesinde so geschwind bei der Hand,
daß ich seit der Zeit nicht nötig gehabt habe, ein einziges Mal mit der
Viehmagd über ihren langen Schlaf zu schmählen. Anfangs fiel es uns
etwas hart, so früh die warmen Federn zu verlassen. Wie wir es aber
erst eine Zeit lang gethan hatten, war es uns nicht möglich, lange über die
gewohnte Zeit darin zu verweilen, und wenn ein Feiertag uns eine Stunde
später aufforderte, so waren wir doch zu rechter Zeit munter und feierten
nicht. Jeder Feiertag war uns dann doppelt willkommen, und wir freuten
uns oft seines Anbruchs.
Nun weißt du mein ganzes Geheimnis, und wenn du dasselbe wohl
anwendest, so wirst du nicht nötig haben, dich über Unordnung im Haus¬
halt zu beschweren. Anderen zu befehlen und Vorschriften zu geben ist
keine Kunst; man muß vorauf gehen, wenn man gefolgt sein will, aus die
Bresche wie auf die Drösche, und der Soldat lacht über den Hauptmann,
der ihm hinterm Eichbaume befehlen will. So handeln aber unsere mehrsten
Haushälter; sie selbst wollen schlafen, Kaffee trinken und hinterm Ofen
sitzen; das Gesinde aber soll sich quälen und schlecht behelfen. Das geht
nicht und wird in Ewigkeit nicht gehen, der Wirt muß vorauf.