4. Die letzte Schiefertafel.
„Geduld! Die Sonne steigt im Osten auf,
sie sinkt im Westen zu des Meeres Plan,
sie hat vollendet eines Tages Laus.
Geduld! Nach Süden wirft aus ihrer Bahn
sie jetzt bald wieder senkrecht meinen Schatten;
ein Jahr ist uin, es sängt ein andres an.
Geduld! Die Jahre ziehen ohn' Ermatten,
nur grub für sie kein Kreuz mehr deine Hand,
seit ihrer fünfzig sich gereihet hatten.
Geduld! Du harrest stumm am Meeresrand
und blickest starr in öde, blaue Ferne
und lauschst dem Wellenschlag am Felsenstrand.
Geduld! Laß kreisen Sonne, Mond und Sterne
und Regenschauer mit der Sonnenglut
abwechseln über dir! Geduld erlerne!
Ein Leichtes ist's, der Elemente Wut
im Hellen Tagesscheine zu ertragen,
bei regem Augenlicht und wachem Mut.
Allein der Schlaf, darin uns Träume plagen,
und mehr die schlaflos lange, bange Nacht,
darin sie aus dem Hirn hinaus sich wagen!
Sie halten grausig neben uns die Wacht
und reden Worte, welche Wahnsinn locken. —
Hinweg! Hinweg! Wer gab euch solche Macht?
Was schüttelst du im Winde deine Locken?
Ich kenne dich, du rascher, wilder Knabe,
ich seh' dich an, und meine Pulse stocken.
Du bist ich selbst, wie ich gestrebet habe
in meiner Hoffnung Wahn vor grauen Jahren;
ich bin du selbst, das Bild aus deinem Grabe.
Was sprichst du noch vom Schönen, Guten, Wahren,
von Lieb' und Haß, von Tatendurst? Du Tor!
Sieh her! Ich bin, was deine Träume waren.
Und führest wiederum mir diese vor?
Laß ab, o Weib, ich habe längst verzichtet,
du hauchst aus Aschen noch die Glut empor!
Nicht so den süßen Blick aus mich gerichtet!
Das Licht der Augen und der Stimme Laut,
es hat der Tod ja alles schon vernichtet.
Aus deinem hohlen, morschen Schädel schaut
kein solcher Himmel mehr voll Seligkeit;
versunken ist die Welt, der ich vertraut.
Ich habe nur die allgewalt'ge Zeit
auf diesem öden Felsen überragt
in grausenhafter Abgeschiedenheit.
Was, Bilder ihr des Lebens, widersagt