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VII. Aus der Geschichte.
er, durch geschickte Anwendung milderer Mittel dem König zunächst den
Schlaf und nach wenigen Tagen die Gesundheit wiederzugeben. Fortan
stand er bei Dareios in hohen Ehren, hatte Haus und Hof und Geldes
die Fülle; nur die Heinlkehr war ihm verwehrt.
Da bekam einst die Königin Atossa ein schmerzhaftes Geschwür
an der Brust. Sie verheimlichte es lange; endlich aber offenbarte sie
sich Demokedes und fragte, ob er sich wohl getraue, sie zu heilen.
Der Arzt erkannte sogleich, daß das Übel heilbar sei; doch versprach
er seine Hilfe erst, nachdem die Königin ihm die Erfüllung einer Bitte
zugesichert hatte. Als Atossa wieder gesund war, sprach er dann seine
Bitte aus: Die Königin sollte ihm die Erlaubnis zur Heinlkehr ver¬
mitteln.
Um dies nun zu erreichen — so erzählt Herodot weiter —, gab
Atossa ihrem Gemahl den Gedanken ein, gegen Griechenland zu Felde
zu ziehen; und listig fügte sie hinzu: „Du hast ja einen Mann, der ge¬
eignet ist wie keiner, dir die Wege zu weisen: den, der dir den Fuß
heilte." Das leuchtete Dareios ein, und er beschloß zunächst, eine
Anzahl Perser unter Demokedes' Führung auf Kundschaft nach Griechen¬
land zu senden. Seinen Leibarzt hieß er, alle Fahrhabe, die er besaß,
nntzunehnlen, um sie feinem Vater und seinen Brüdern zum Geschenk
zu bringen, und versprach, ihm doppelt so viel wiederzugeben; dazu
wollte er ihm lloch ein ganzes Laftschiff mit allerlei guten Dingen
füllen. Der schlaue Grieche nahm das Schiff mit Dank an; das Mit¬
nehmen seiner Güter aber und den Ersatz dafür lehnte er ab: Hab
unb Gut wünsche er in Susa wiederzufinden, wie er es verlassen habe.
So ward denn die Fahrt angetreten, und die Kundschafter kamen
schließlich auch nach Unteritalien. Hier aber entfloh ihnen Denlokedes
in Tarent und eilte von da nach seiner Vaterstadt Kroton. Die
Perser folgten ihm dorthin und drohten mit dem Zorne des Kölligs,
wenn die Krotonisten dessen Leibarzt nicht wieder auslieferten. Diese
ließen sich jedoch nicht einschüchtern: Sie behielten nicht nur ihren
berühmten Landsmann bei sich, sondern auch das Frachtschiff mit den
Geschenken des Königs, und stolz rief Demokedes den absegelnden
Persern nach: „Meldet eurem König Dareios, daß Demokedes sich
lnit der Tochter des berühmteil Ringkämpfers Milon vermählt hat;
von dem ist immer viel bei dem Könige gesprochen worden."