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VI. Sagen.
Landmann der Segenspender und wird darum auch als Gott des Früh¬
lings verehrt. Von Thor stammt das Feuer des häuslichen Herdes; er
ist der Beschützer des Hauses, der Familie und des Stamms und wird
als Verteidiger der Gemarkung angerufen. Er ist der Freund der
Menschen und ihr Beistand und ihr Förderer bei der Arbeit. An seinen
Namen knüpfen sich eine große Anzahl von Sagen und Geschichten, die
die nordischen Dichter von ihrem Lieblingsgotte zu erzählen wissen. —
Eines Tages fuhr Thor auf seinem mit den Böcken bespannten
Wagen aus; mit ihm war Loki. Am Abend kamen sie zu dem Gehöfte
eines Bauers und nahmen hier Herberge. Zum Nachtmahle schlachtete
Thor seine Böcke, zog ihnen die Haut ab und ließ sie dann in einevl
Kessel kochen. Als das Fleisch gar war, lud er den Bauer mit Weib
und Kind ein, an dem Essen teilzunehmen, hieß sie aber die Knochen mtf
die ausgebreiteten Felle werfen. Sie ließen es sich alle wohl schmecken;
der Sohn des Bauers aber zerbrach wider Thors Gebot auf Anstiften
Lokis den Schenkelknochen des einen Bockes, um zu dem Mark zu gelangeu.
Thor verbrachte die Nacht im Hause des Ballers; am andern Morgen,
da er seine Fahrt fortsetzen wollte, berührte er die Felle, auf denen die
Knochen lagen, mit seinem Havlmer. Da waren alsbald die beiden
Böcke wieder lebendig und standen auf; doch hinkte der eine am Hinter¬
füße. Thor belilerkte, daß der Scheukelkuochen gebrochen war, und fuhr
den Bauer heftig an: er oder seine Leute müßten nicht verständig mit
den Knochen umgegangen sein; dabei runzelte er seine Stirn und faßte
seinen Hammer so gewaltig, daß die Knöchel feiner Hand weiß wurden.
Der Bauer zitterte und bebte an allen Gliedern und glaubte, vor Schrecken
in die Erde sinken zu müssen. Flehentlich rief er Thor um Gnade all
und bot ihnl zur Sühne des Vergehens alles, was er besaß. Wie mm
Thor die große Furcht des Bauers sah, milderte sich sein Zorn; doch
nahm er zur Strafe die bethen Kinder des Bauers mit sich hinweg.
Diese nlachte er zu seinen Dienern, nnb sie begleiteten ihn fortan mtf
allen seinen Fahrten.
Thor zog mm mit seinen Begleitern weiter dem Lande der Nieseil,
Jötunheim, zu. Ihr Weg führte sie zllerst an ein tiefes Meer, und als
sie über dieses gefahren waren, in einen großen, wilden Wald. Die Nacht
brach herein, und fange sahen sie sich vergeblich nach einer Herberge um.
Endlich gelangten sie an ein großes Haus nnb schlugen darin ihr Nacht¬
lager auf. Um Mitternacht, als sie im tiefen Schlafe lagen, wurden sie
plötzlich durch ein gewaltiges Erdbeben geweckt, das das Haus in feinen
Grundlagen erschütterte. Erschreckt eilten sie hinaus und flüchteten in
einen Anbau des Hauses, der ihnen sicherer schien. Thor selbst ließ sich
nicht wieder zum Schlafe nieber, sondern hielt am Eingänge die Nacht
über Wache, während derer er fortwährend ein starkes Gebrause vernahni.