Full text: [Teil 4 = Quarta, [Schülerband]] (Teil 4 = Quarta, [Schülerband])

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VI. Sagen. 
Landmann der Segenspender und wird darum auch als Gott des Früh¬ 
lings verehrt. Von Thor stammt das Feuer des häuslichen Herdes; er 
ist der Beschützer des Hauses, der Familie und des Stamms und wird 
als Verteidiger der Gemarkung angerufen. Er ist der Freund der 
Menschen und ihr Beistand und ihr Förderer bei der Arbeit. An seinen 
Namen knüpfen sich eine große Anzahl von Sagen und Geschichten, die 
die nordischen Dichter von ihrem Lieblingsgotte zu erzählen wissen. — 
Eines Tages fuhr Thor auf seinem mit den Böcken bespannten 
Wagen aus; mit ihm war Loki. Am Abend kamen sie zu dem Gehöfte 
eines Bauers und nahmen hier Herberge. Zum Nachtmahle schlachtete 
Thor seine Böcke, zog ihnen die Haut ab und ließ sie dann in einevl 
Kessel kochen. Als das Fleisch gar war, lud er den Bauer mit Weib 
und Kind ein, an dem Essen teilzunehmen, hieß sie aber die Knochen mtf 
die ausgebreiteten Felle werfen. Sie ließen es sich alle wohl schmecken; 
der Sohn des Bauers aber zerbrach wider Thors Gebot auf Anstiften 
Lokis den Schenkelknochen des einen Bockes, um zu dem Mark zu gelangeu. 
Thor verbrachte die Nacht im Hause des Ballers; am andern Morgen, 
da er seine Fahrt fortsetzen wollte, berührte er die Felle, auf denen die 
Knochen lagen, mit seinem Havlmer. Da waren alsbald die beiden 
Böcke wieder lebendig und standen auf; doch hinkte der eine am Hinter¬ 
füße. Thor belilerkte, daß der Scheukelkuochen gebrochen war, und fuhr 
den Bauer heftig an: er oder seine Leute müßten nicht verständig mit 
den Knochen umgegangen sein; dabei runzelte er seine Stirn und faßte 
seinen Hammer so gewaltig, daß die Knöchel feiner Hand weiß wurden. 
Der Bauer zitterte und bebte an allen Gliedern und glaubte, vor Schrecken 
in die Erde sinken zu müssen. Flehentlich rief er Thor um Gnade all 
und bot ihnl zur Sühne des Vergehens alles, was er besaß. Wie mm 
Thor die große Furcht des Bauers sah, milderte sich sein Zorn; doch 
nahm er zur Strafe die bethen Kinder des Bauers mit sich hinweg. 
Diese nlachte er zu seinen Dienern, nnb sie begleiteten ihn fortan mtf 
allen seinen Fahrten. 
Thor zog mm mit seinen Begleitern weiter dem Lande der Nieseil, 
Jötunheim, zu. Ihr Weg führte sie zllerst an ein tiefes Meer, und als 
sie über dieses gefahren waren, in einen großen, wilden Wald. Die Nacht 
brach herein, und fange sahen sie sich vergeblich nach einer Herberge um. 
Endlich gelangten sie an ein großes Haus nnb schlugen darin ihr Nacht¬ 
lager auf. Um Mitternacht, als sie im tiefen Schlafe lagen, wurden sie 
plötzlich durch ein gewaltiges Erdbeben geweckt, das das Haus in feinen 
Grundlagen erschütterte. Erschreckt eilten sie hinaus und flüchteten in 
einen Anbau des Hauses, der ihnen sicherer schien. Thor selbst ließ sich 
nicht wieder zum Schlafe nieber, sondern hielt am Eingänge die Nacht 
über Wache, während derer er fortwährend ein starkes Gebrause vernahni.
	        
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