Full text: (6., 7. [und 8.] Schuljahr) (Teil 4)

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VNrer, ungeirrt von Erfahrung und üherlieferung, immer diejenige 
Kriegführung zu finden wußte, durch welche in dem gegebenen 
Falle der Feind besiegt wird, und welche also in dem gegebenen 
Falle die rechte ist, der init göttlicher Sicherheit für jeden 
Zweck das rechte Mittel fand, der nach der Niederlage schlag— 
fertig dastand, und mit dem Siege ohne Ausnahme den Feld— 
zug beendigte, der das Element der Kriegführung, die rasche 
Bewegung der Massen, mit unübertroffener Vollkommenheit hand⸗ 
habte und nicht in der Massenhaftigkeit der Streitkräfte, sondern 
in der Geschwindigkeit ihrer Bewegung, nicht im langen Vor— 
bereiten, sondern n raschen, ja verwegenen Handeln selbst mit 
unzulänglichen Mitteln, die Bürgschaft des Sieges fand. Allein 
alles dieses ist bei Cäsar nur Nebensache. Er war zwar ein 
großer Redner, Schriftsteller und Feldherr; aber jedes davon 
ist er nur geworden, weil er ein vollendeter Staatsmann wan 
Obwohl ein Meister der Kriegskunst, hat er doch aus staats⸗ 
männischen Rücksichten das Äußerste gethan, um den Bürgerkrieg 
abzuwenden und um, da er dennoch begann, wenigstens so un⸗ 
blutige Lorbeeren wie möglich zu erutenn Wenn überhaupt eine 
Seite der bürgerlichen Verdienste, so wurden von ihm vielmehr 
die Wissenschaften und die Künfte des Friedens vor den mili— 
tärischen bevorzugt. Ein geborener Herrscher, regierte er die 
Gemüter der Menschen, wie der Wind die Wolken zwingt, und 
nötigte die verschiedenartigsten Naturen, ihm sich zu eigen zu 
geben, den schlichten Bürger und den derben Unteroffizier, den 
glänzenden Reitergeneral und den berechnenden Bankiern Er 
war Monarch; aber nie hat er den König gespielt. Auch als 
unbeschränkter Herr von Rom blieb er in seinem Auftreten der 
Parteiführer; vollkommen biegsam und geschmeidig, bequem und 
anmutig in der Unterhaltung, zuvorkommend gegen jeden, schien 
er nichts sein zu wollen, als der erste unter seinesgleichen. Casar 
war Monarch; aber nie hat ihn der Tyraunenschwindel erfaßt 
Er ist vielleicht der einzige unter den Gewaltigen des Herrn, 
welcher im großen wie im kleinen nie nach Neigung oder Laune, 
sondern ohne Ausnahme nach seiner Regentenpflicht gehandelt 
hat, und der, wenn er auf sein Leben zurücksah, wohl falsche 
Berechnungen zu bedauern, aber keinen Fehltritt der Leiden— 
schaft zu bereuen fand. Er ist endlich vielleicht der einzige unter 
jenen Gewaltigen, der den staatsmännischen Takt für das Mög⸗ 
liche und Unmögliche bis an das Ende seiner Laufbahn sich — 
wahrt hat und nicht gescheitert ist an derjenigen Ausgabe, die
	        
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