Full text: (6., 7. [und 8.] Schuljahr) (Teil 4)

er vollendet; aber dies Werk hatte ungeheure Kosten verursacht, 
und die lange Zeit seiner Dauer legt auch dafür Zeugnis ab, 
wie unvollkommen noch die Einrichtung der Druckerei, und wie 
wenig geübt die Kunst der Drucker war. 
UÜm diese Zeit war auch Peter Schöffer aus Gersheim in 
die Verbindung mit Gutenberg und Fust getreten. Schöffer 
war ein sehr geschickter Mann, der besonders die Schönheit der 
Buchstaben hervorbrachte, weil er sehr schön schrieb, aber auch 
ein besseres Verfahren zur Herstellung noch dauerhafterer Buch— 
staben ersann. Fust erkannte die Brauchbarkeit Schöffers, und 
da er den Gedanken schon mit sich herumtrug, sich von Guten— 
berg zu trennen und die Vorteile des Druckens allein für sich 
zu gewinnen, so suchte er den Schöffer sich recht anzuheimeln 
uͤnd gab ihm endlich sogar seine Tochter zum Weibe. 
Jetzt, wo Gutenberg nach langen Mühen, Opfern und 
Sinnen am Ziele war, jeßt sollte den wackern Mann der härteste 
Schlag treffen. Fust verlangte plötzlich von Gutenberg sein 
ihm dargeliehenes Kapital samt allen Zinsen, die er ihm 
mündlich erlassen hatte. 
Gutenberg war ein gutmütiger, stiller Mann, der sich nur 
mit seinen Wissenschaften abgab, in Welthändeln aber nur 
geringe Erfahrung hatte. Darauf baute auch der falsche Fust 
ünd hing dem armen Gutenberg, der nicht bezahlen konnte, 
einen Prozeß an, indem er noch allerlei Schleichwege ging und 
Lügen vorbrachte. Durch seinen Reichtum und sein Ansehen 
gewann er gegen alles Recht den Prozeß. Da der arme Guten— 
berg nicht bezahlen konnte, so sprach überdies das erkausfte Ge— 
richt dem Fust die ganze Druckerei als Eigentum zum Ersatze 
seiner Forderungen zu. 
Das geschah im November 1455. Denkt man sich in die 
Lage des armen Gutenberg, so blutet einem das Herz. Alle 
Fruͤcht seiner Mühen, den Preis seines Lebens und Strebens 
war ihm auf eine nichtswürdige, schändliche Weise entrissen 
von dem Manne, den er arglos und voll Vertrauen in seine 
Kunst eingeweiht hatte. Es war im Anfange eines rauhen 
Winters. Ohne Brot, ohne Hilfsmittel und Geld, ohne Unter— 
stützung und Recht, was sollte er in Mainz anfangen? Noch 
einige Zeit weilte er daselbst, niedergebeugt und gedrückt, dann 
nahm der Mann, dem die Welt die höhere Einsicht, die Mittel 
des Erkennens, danken sollte, den Wanderstab und verließ seine 
Vaterstadt zum zweiten Male, bettelarm und hilflos und, was 
383
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.