Full text: (6., 7. [und 8.] Schuljahr) (Teil 4)

200. Henning Mulf. 
In den Zeiten König Ohristian J. wohnte ein reieher 
Mann, Henning Wulf, im Kirchspiel Wewelsfleth und hatte 
seinen Hof mit vielen Ländereien in der Dammducht. Als 
die Leute in der Marsch sich gegen den König empörten und 
ihn nicht anerkennen wollten, vard er ihr Hauptmann und 
Anführer. Weil der König aber mit grosser Macht heranzog 
und die Hamburger ihm Dalfen, vurden die Marschleute ge- 
schlagen, und Henning Wulf mußste flüehen. Da verbarg er 
sich im Schilf, und niemand wulste ihn zu finden. Aber 
sein treuer Hund war ihm nachgelaufen, und weil er ihm 
nicht in den Sumpf folgen konnte, ward er sein Verräter. 
Man holte den Henning Wulf heraus und brachte ihn zum 
König. Da dieser wulste, dass er von allen der vortrefflichste 
Schũtze sei, befahl er ihm höhniseh, seinem einzigen jungen 
Sohne einen Apfel vom Kopf zu schiessen; gelänge es ihm, 
solle er frei sein. Henning Walf musste gehorchen, holte 
seinen Bogen und seinen Knaben und that glücklieb den 
Schuss. Er hatte aber vorher einen zweiten Pfeil in den 
Mund genommen; deswegen fragte ihn der König, für wen 
dieser bestimmt sei. Henning antwortete, venn er seinen 
Sohn getroffon hũtte, sei der Pfeil füur den König selber ge- 
wesen, Da erklärte ihn dieser in die Acht, und Henning 
mulsste fliehen. Sein Land aber ward eingezogen und musßs 
bis auf diesen Tag noch sehwere Abgaben tragen und heilst 
das Königsland. Man zeigt auch noch das Haus, wo Henning 
Wulf gewohnt hat. K. Mullenhboft. 
201. Columbus. 
Vasco de Gama hat das geheimnisvolle Dunkel des süd— 
atlantischen Oceans gelichtet; Columbus gebührt der Ruhm, 
das große Geheimnis des ganzen Atlantischen Oceans aufge— 
schlossen und eine neue, unbekannte Welt entdeckt zu haben. 
Schon das graue Altertum hatte dunkle Sagen von großen 
Läudermassen, welche im Westen Europas jenseits des Meeres 
sägen. Häufig wird in jenen Sagen einer Insel Atlantis 
gedacht, zu der man habe leicht gelangen können, da der Ocean 
einst so seicht gewesen, daß man hindurchwaten konnte; ein 
fürchterliches Erdbeben habe aber in der schrecklichsten der 
Nachte die Insel verschlungen und seit jener Zeit sei das Meer 
K. Brandt, Lesebuch. IV. 
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