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wie er hiess die Kindlein kommen,
wie er hold auf sie geblickt
und sie in den Arm genommen
und an seine Brust gedrückt; —
wie er Hilfe und Erbarmen
allen Kranken gern bewies
und die Blöden und die Armen
seine lieben Brüder hiess; —
wie er keinem Sünder webrte,
der mit Reue zu ihm kam;
wie er freundlich ibn belebrte,
ihm den Tod vom Herzen nahm.
Immer muls ich wieder lesen,
les' und weine mich nicht satt,
wie der Herr so treu gewesen,
wie er uns geliebet hat;
hat die Herde mild geleitet,
die sein Vater ihm verliebn;
hat die Arme ausgebreitet,
alle an sein Herz zu ziehn.
Lass mich knien zu deinen Fülsen,
Herr! die Liebe bricht mein Herz;
lass in Thränen mich zerfliessen,
untergehn in Wonn' und Schmerz! Luise Honsel.
210. Philipp Melanchthon.
Luthers Freund und treuer Gehilfe am Werke der Refor—
mation war Philipp Melanchthon, der Sohn eines Waffen—
schmiedes. Er war 1497 zu Bretten, einem Städtchen in der
Unterpfalz, geboren. Schon als Knabe zeichnete er sich durch
bedeutende geistige Anlagen aus, mit denen sich eine liebens
würdige Bescheidenheit und äußere Anmut verband. Seine
Bildung erhielt er auf der Schule zu Pforzheim, wo sein
Oheim, der berühmte Reuchlin, ein großer Gelehrter der da—
maligen Zeit, sich namentlich seiner annahm und ihn bestimmte,
seinen eigentlichen Namen Schwarzerd in den griechischen Me—
lanchthon zu verwandeln. Die Sitte, die deutschen Namen in