Full text: (6., 7. [und 8.] Schuljahr) (Teil 4)

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berühmten Weisen Plato und den Redner Isäos. Zuerst trat 
er mit einer Anklage gegen seine Vormünder aus, die ihm 
durch ihren Eigennutz sein Vermögen vermindert hatten. Er 
gewann den Prozeß, erhielt aber nur einen kleinen Teil seines 
Vermögens zurück. Jetzt wagte er es, auch öffentlich vor dem 
athenischen Volke aufzutreten, aber er ward ausgepfiffen und 
verlacht. Dasselbe Schicksal hatte er auch bei einem zweiten 
Versuche. Voll Verdruß und Mißmut lief er nach Hause und 
beklagte sich bei seinem Freunde Satyros, einem Schauspieler, 
bitter über die Ungerechtigkeit des Volkes, das so viele unge— 
bildete Menschen gern höre und ihn, der allen Eifer auf die 
Beredsamkeit verwandt habe, so schmählich behandele. „Du 
hast Recht,“ sagte Satyros, „doch will ich dem übel, welches 
die Ursache ist, abhelfen, wenn du mir eine Stelle aus dem 
Euripides oder Sophokles hersagen willst.“ Demosthenes that 
es, und nun wiederholte der Schauspieler dieselbe Stelle mit 
so lebendigem Vorträge und ausdrucksvollem Mienenspiel, daß 
Demosthenes eine ganz andere Stelle zu hören glaubte. Da 
sah er ein, was ihm noch fehlte, und mit neuem Eifer arbeitete 
er an seiner ferneren Ausbildung. 
Um seine Stimme zu stärken, ging er an die Meeresküste 
und suchte das Tosen der an das Ufer anschlagenden Wellen 
zu überschreien. Er schor sich das Haupt auf einer Seite, um 
sich zwei bis drei Monate lang jeden Ausgang unter das 
Volk unmöglich zu machen. Während dieser Zeit übte er sich 
in einem unterirdischen Gemache vor dem Spiegel in der Hal⸗ 
tung des Körpers und im Mienenspiel. Auch nahm er Kiesel— 
steinchen in den Mund und versuchte dennoch deutlich zu reden 
er ging steile Berge hinan, indem er Reden hersagte, um seinen 
Atem zu stärken. Nach solchen Vorübungen trat er von 
neuem vor dem Volke auf, und jetzt war der Erfolg der glän— 
zendste. Demosthenes ist der größte und berühmteste aller 
Redner gewesen. 
Er trat also in einer Zeit auf, wo die Athener sittlich ver— 
dorben waren, und wo ein mächtiger Feind, Philipp von 
Macedonien, der Freiheit der Griechen den Untergang drohte. 
Mit unermüdlichem Eifer erinnerte Demosthenes in seinen 
voll Begeisterung gehaltenen Reden das Volk an die Helden— 
thaten seiner Vorfahren und Miltiades und Themistokles, er— 
mahnte die Bürger, selbst in den Kampf gegen den mächtigen 
Unterdrücker zu ziehen und nicht die Verteidigung ihrer Freiheit
	        
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