Hardenberg.
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ss Die nur in reine Seelen strahlt
Und deren Glück kein Gold bezahlt.
Dem Nachbar, den er stets gewecket,
Bis der das Geld ihm zugestecket,
Dem stellt er bald aus Lust zur Ruh'
100 Den vollen Beutel wieder zu
Und spricht: „Herr, lehrt mich beßre Sachen
Als statt des Singens Geld bewachen.
Nehmt immer Euren Beutel hin
Und laßt mir meinen frohen Sinn,
ms Fahrt fort, mich heimlich zu beneiden.
Ich tausche nicht mit Euren Freuden.
Der Himmel hat mich recht geliebt,
Der mir die Stimme wiedergibt.
Was ich gewesen, werd' ich wieder:
na Johann, der muntre Seifensieder."
38, Sämtliche poetische Werke, II, S. 66 ff.
Friedrich von Hardenberg.
168. Kreuzgesang.
1. Das Grab steht unter wilden Heiden;
Das Grab, worin der Heiland lag,
Muß Frevel und Verspottung leiden
Und wird entheiligt jeden Tag.
Es klagt heraus mit dumpfer Stimme:
Wer rettet mich von diesem Grimme?
2. Wo bleiben seine Heldenjünger?
Verschwunden ist die Christenheit!
Wer ist der Glaubens-Wiederbringer?
Wer nimmt das Kreuz in dieser Zeit?
Wer bricht die schimpflichsten der Ketten
Und wird das heil'ge Grab erretten?
s. Gewaltig geht auf Land und Meeren
In tiefer Nacht ein heil'ger Sturm;
Die trägen Schläfer aufzustören,
Umbraust er Lager, Stadt und Turm,
Ein Klaggeschrei um alle Zinnen:
Auf, träge Christen, zieht von hinnen!
4. Es lassen Engel allerorten
Mit ernstem Antlitz stumm sich sehn,