Full text: Gedichtsammlung für UIII bis UII der Vollanstalten oder Klasse III bis I der 6stufigen Anstalten (Teil 6, [Schülerband])

Ludwig Hölty. 
219. Das Feuer im Walde. 
Zween Knaben liefen durch den Hain 
Und lasen Eichenreiser auf 
Und türmten sich ein Hirtenfeur. 
Sie freuten sich der schönen Glut, 
s Die wie ein helles Osterfeur 
Gen Himmel flog, und setzten sich 
Auf einen alten Weidenstumpf. 
Sie schwatzten dies und schwatzten das, 
Vom Feuermann und Ohnekopf, 
w Vom Amtmann, der im Dorfe spukt 
Und mit der Feuerkette klirrt, 
Weil er nach Ansehn sprach und Geld, 
Wie's liebe Vieh die Bauern schund 
Und niemals in die Kirche kam. 
iS Sie schwatzten dies und schwatzten das. 
Vom sel'gen Pfarrer Habermann, 
Der noch den Nußbaum pflanzen tät. 
Von dem sie manche schöne Nuß 
Herabgeworfen, als sie noch 
20 Zur Pfarre gingen, manche Nuß! 
Sie segneten den guten Mann 
In seiner kühlen Gruft dafür 
Und knackten jede schöne Nuß 
Noch einmal in Gedanken auf. 
25 Da rauscht das dürre Laub empor, 
Und sieh, ein alter Kriegesknecht 
Wankt durch den Eichenwald daher, 
Sagt guten Abend, wärmet sich 
Und setzt sich aus deu Weidenstumps. 
»„Wer bist du, guter alter Mann?" 
„Ich bin ein preußischer Soldat, 
Der in der Schlacht bei Kunersdors 
Das Bein verlor und, leider Gotts! 
Vor fremden Türen betteln muß. 
»Da ging es scharf, mein liebes Kind! 
Da sauseten die Kugeln uns 
Wie tausend Teufel um den Kopf! 
Dort flog ein Arm und dort ein Bein! 
Wir Patschelten durch lauter Blut,
	        
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