Full text: Für Quarta und Untertertia (Abteilung 2, [Schülerband])

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Dritter Abschnitt. 
49. Reineke Juchs. 
I. Buschmann. 
1. Es war Pfingsten. Der Mai lag auf Wald und Wiese, 
Gras und Laub grünte, die Kräuter und Blumen sproßten und 
gaben wundersüßen Duft; die Vöglein sangen ihre schönsten Weisen. 
Da berief Nobel, der König, die Großen seines Landes allzumal, 
um mit großen Ehren Hof zu halten. Alle erschienen bis auf 
Reineke den Fuchs, der sich wegen seiner Übeltaten bei Hofe nicht 
sehen zu lassen wagte. Gegen ihn erhoben alle laute Klage, zumal 
Isegrim der Wolf, und niemand mochte sich des arg Bescholtenen 
annehmen; nur Grimbart, der Dachs, verteidigte ihn. Seitdem 
der König Landfrieden geboten habe, führte er aus, lebe Reineke, 
jede Fahrt und jeden Streit vermeidend, einem Klausner gleich 
auf seinem Schlosse Malepartus, mager und bleich, und tue Buße 
für seine Sünden. Reineke sei ein ehrenwerter Mann und sckeue 
das Unrecht, obwohl er durch Isegrims Ränke und Bosheit viel 
Leid habe erfahren müssen. Noch sprach Grimbart, Reinekes 
Bruderkind, als Henning der Hahn zu Hofe gefahren kam, auf 
einer Totenbahre den Leichnam seiner Tochter Kratzefuß bringend. 
Im Klausnergewand war Reineke zu dem Klosterhof gekommen, 
auf welchem Henning mit den Seinigen wohnte, und hatte ihn 
durch die Meldung, daß der König Landfrieden geboten habe, ins 
Freie gelockt. Nachdem er ihm dann das beste seiner Kinder 
geraubt, war er in der Folge noch öfter zurückgekehrt und hatte 
nach und nach fünfzehn von Hennings Söhnen und Töchtern 
erwürgt, zuletzt seine Lieblingstochter Kratzefuß, deren Leichnam 
die Hunde des Klosterhofes mit vieler Mühe dem Räuber abgejagt 
hatten. Da ergrimmte der König über die Maßen und beschloß 
Reineke vor sein Gericht zu laden. Braun, der Bär, sollte ihm 
die Botschaft bringen. „Seid aber klug und weise," mahnte der 
König. „Denn Reineke ist voller Falschheit und an Ränken reich. 
Hütet Euch vor seiner List! An Versuchen, Euch zu belügen und 
zu betrügen, wird es gewiß nicht fehlen." 
2. Aber frei von Furcht und Sorge machte Braun sich aus 
hen Weg. Als er vor Reinekes Burg ankam, fand er die Pforte
	        
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