Full text: Für Quarta und Untertertia (Abteilung 2, [Schülerband])

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86. Graf Gberharö 6er Rauschebart. 
Ludwig Uhland, a. a. £)., I, S. 241. 
1. Ist denn im Schwabenlande verschollen aller Sang, 
Wo einst so hell vom Staufen die Rltterharfe klang? 
Und wenn er nicht verschollen, warum vergißt er ganz 
Der tapfern Väter Taten, der alten Waffen Glanz? 
2. Man lispelt leise Liedchen, man spitzt manch Sinngedicht, 
Man höhnt die holden Frauen, des alten Liedes Licht; 
Wo rüstig Heldenleben längst auf Beschwörung lauscht, 
Da trippelt man vorüber und schauert, wenn es rauscht. 
3. Brich denn aus deinem Sarge, steig' aus dem düstern Chor 
Mit deinem Heldensohne, du Rauschebart, hervor! 
Du schlugst dich unverwüstlich noch greise Jahr' entlang; 
Brich auch durch unsre Zeiten mit hellem Schwerterklang! 
I. Der Überfall tm Wil-ba- (1367). 
1. In schönen Sommertagen, wann lau die Lüfte wehn, 
Die Wälder lustig grünen, die Gärten blühend stehn, 
Da ritt aus Stuttgarts Toren ein Held von stolzer Art, 
Graf Eberhard der Greiner, der alte Rauschebart. 
2. Mit wenig Edelknechten zieht er ins Land hinaus, 
Er trägt nicht Helm noch Panzer, nicht geht's auf blut'gen Strauß; 
Ins Wildbad will er reiten, wo heiß ein Quell entspringt, 
Der Sieche heilt und kräftigt, der Greise wieder jüngt. 
3. Zu Hirsau bei dem Abte, da kehrt der Ritter ein 
lind trinkt bei Orgelschalle den kühlen Klosterwein. 
Dann geht's durch Tannenwälder ins grüne Tal gesprengt, 
Wo durch ihr Felsenbette die Enz sich rauschend drängt. 
4. Zu Wildbad an dem Markte, da steht ein stattlich Haus, 
Es hängt daran zum Zeichen ein blanker Spieß heraus. 
Dort steigt der Graf vom Rosse, dort hält er gute Rast; 
Den Quell besucht er täglich, der ritterliche Gast. 
5. Wann er sich dann entkleidet und wenig ausgeruht 
Und sein Gebet gesprochen, so steigt er in die Flut! 
Er setzt sich stets zur Stelle, wo aus dem Felsenspalt 
Am heißesten und vollsten der edle Sprudel wallt. 
6. Ein angeschoßner Eber, der sich die Wunde wusch, 
Verriet voreinst den Jägern den Quell in Kluft und Busch. 
86. Eberhard II. (1344 —1392) von Württemberg bekämpfte erfolgreich 
die Reichsstädte und die Ritterschaft, um die Macht des Landesherrn fest zu 
begründen. — Str. 2. Beschwörung: damit es im Liede zu neuem Leben 
erweckt werde. — Str. 3. Heldensohn: Eberhards einziger Sohn war Ulrich. — 
I. Wildbad: Bad im Württembergischen Schwarzwald. — Str. 1. Greiner: 
„Zänker", wie die Feinde den Grafen nannten. — Str. 3. Hirsau: altes 
Benediktinerkloster im Schwarzwaldkreis. — Str 3. Enz: Nebenfluß des Neckars. 
— Str. 4. Spieß: das Gasthaus „Zum Spieß".
	        
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