„Ihr bleibet vor Verwundrung stehn
so und zweifelt doch an meinem Leben?
Laßt meinen Reiter mir die Ferse geben,
so sollt ihr sehn!"
Reim Rufbau des Sockels halfen Schlüter einige andre Bild¬
hauer. Der Gedanke, den Sockel des Denkmals mit Gestalten Ge-
85fesselter zu umgeben, war kein neuer. Gr war fast Regel für einen
kriegerischen und, siegreichen Fürsten. Der künstlerische wert der
Sklaven steht keineswegs auf der höhe der Reiterstatue. Die Be¬
wegungen sind auch hier übertrieben, die Muskeln aufgedunsen,
die hautfläche ist glatter. Sie stehen in ihrer Behandlung süd-
90 deutschen Rrbeiten näher als niederländischen. Rber sie sind tüchtige
Leistungen, die von großer Handfertigkeit und unbesorgter Sicher¬
heit in der Rnatomie zeugen. Rls dekorative Werke, und solche
sollen sie ja nur sein, erfüllen sie meisterhaft ihren Zweck.
Cornelius Gurlitt.
/ x 52. Das Rokoko.
y^u&tmg XIV. ist tot (1715). Paris, des feierlichen Pomps satt,
müde des drückenden Zeremoniells, atmet erleichtert auf.
^ Paris will lustig sein, will sich gehen lassen. Die Rllonge-
perücke, der steife Reifrock wird abgeworfen, das zierlich tändelnde
s Zofenkleid, die Schäferin nimmt ihren Platz ein. Rn die Stelle
gravitätischer Rufzüge, steif-pomphafter hoffeste tritt jetzt am liebsten
die geistreiche Plauderei im kleinen Salon, das idyllische Waldfest.
Rn die Stelle der pathetischen, imposanten Tragödien von Corneille
und Racine tritt Voltaire mit seinem geistreich prickelnden Witz,
io Rber eine Unnatur chat nur die andre abgelöst, besser und echter
ist die Zeit nicht geworden,' Schein und Lüge führen nach wie vor
die Herrschaft, hatte bis jetzt wuchtiges Pathos, gewaltige Leiden¬
schaft, hochtrabende Prahlerei geherrscht, so zieht nun ein Zug koketter
Grazie, prickelnder Zierlichkeit, hohler Tändelei durch die Zeit.
15 prahlte das Barock mit der Schwere der Last, mit der Rn-
strengung der Träger, so wird der ernste Gedanke an Tragen und
Lasten jetzt am liebsten ganz verscheucht, mahnt er doch die spielende,
genießende Zeit zu sehr an Rrbeit. Der die Wandfläche gliedernde
Pilaster wird meist durch die leichte Spiegelumrahmung ersetzt. Die
2o kräftige Simslinie, ja die gerade Linie überhaupt, verschwindet, und