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durch die Gründung der kalmarischen Union, welche 1397 die drei
nordischen Reiche vereinigte, hauptsächlich aber durch die inneren
Streitigkeiten der Städte, infolge des Kampfes der Zünfte gegen den
Rat. Der Wohlstand der Hansa litt durch die Kriege, und die alte
Einigkeit war geschwunden. Inzwischen begann das Zeitalter der
Entdeckungen, an denen sich zuerst die Portugiesen unternehmend be—
teiligten, während Columbus, Cortez und Pizarro folgten. Die neue
Well mit ihren unermeßlichen Schätzen erhielt neue Herren, wodurch
Geschichte und Geschick der alten mächtig beeinflußt wurden; aber
Deuischland ging leer aus durch eigene Schuld. Eigennutz, erneuerte
Kämpfe mit den Dänen um die Herrschaft des Nordens, politische und
religiöse Zerrissenheit, Mangel an weiterem Blick, sowohl seitens der
Fürsten wie der Nation, ließen Deutschland in seiner Allgemeinheit nicht
an der Verteilung der neuen Welt partizipieren. Es verblieb in den
kleinlichen heimischen Verhältnissen, und dadurch stieg die Hansa rascher
und rascher von der hohen Stufe herab, die sie eingenommen, und ihr
Stern begann zu erbleichen.
Der Mut und Unternehmungsgeist einzelner Deutschen, die ihre
Zeit begriffen, vermochte leider nichts an dieser trüben Thatsache zu
ändern. Ein Martin Behaim aus Nürnberg, jener gelehrte Kaufmann
und Erfinder des Globus, sowie Verbesserer des für die Schiffahrt so
wichtigen Astrolabiums, begleitete die portugiesischen Entdecker auf ihren
Fahrten und wurde dafür im Ausland mit hohen Ehren belohnt, aber
für seines Vaterlandes Größe nutzte er direkt wenig. Der unternehmende
Handelsgeist der Fugger und Welser versuchte sich in großartiger Weise
in den transatlantischen Ländern. Mit einem Freibriefe Emanuels von
Portugal versehen, knüpften sie direkte Handelsverbindungen mit Ost—
indien an. Den Welsern gab Kaiser Karl 1529 zur Deckung hoher
Schuldverpflichtungen die Küste von Venezuela zum Lehen. Doch anstatt
die dort heimischen Schätze tropischer Fruchtbarkeit zu heben, vergeudeten
die verblendeten Führer der deutschen Expedition Geld, Zeit und
Menschen an die Aufsuchung von Goldminen und ließen das Unter—
nehmen, das Deutschland zu einer großartigen Kolonialmacht erheben
konnte, kläglich scheitern. Nach 30 jährigem Besitz wurde durch Urteil
des indischen Rats das Königreich Venezuela den Welsern wieder
abgesprochen. Die letzte Aussicht für Deutschland, Weltmacht zu werden,
war verloren. Materiell folgte auch der Ruin des Wohlstandes durch
ein bis jetzt noch unerklärliches Naturereignis. Der Hering, dessen
Fang an der Küste von Schonen die Grundlage zur Macht der Hansa
gelegt, verließ die Gegend und wandte sich zur Nordsee. Die Oster—
ünge hatten versäumt, zur rechten Zeit sich jenseits des Ozeans ein
neues Feld für ihre Handelsthätigkeit aufzuthun, wie andere Nationen;
als deshalb der Heringsfang aufhörte, büßten sie auch ihren Wohlstand
und ihr Ansehen ein.