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Welch eine Feinheit in jedem Härchen des prachtvollen Bartes —
welch ein Leben, als ob jeder Zug im Gesicht, jede Linie um den
Mund spräche — als ob er durch dieses Bild selbst sagen wollte, was
er ein andermal dem hochwohlweisen Rate seiner Vaterstadt in einem
Briefe gesagt: daß er ihr gedient habe, „wo sie meiner hilff, kunst
und arbeitt bedurfft, mer vmsunst dann vm gelt!“
Einer der interessantesten Orte Nürnbergs ist der Johanniskirchhof,
auf welchem auch die Gräber Albrecht Dürers, Hans Sachs' und des⸗
selben Adam Krafft sich befinden, dessen erstes Werk „die sieben
Stationen“ gleich sieben mächtigen Wegweisern die Straße von dem
Thore bis zu dem Gottesacker bezeichnet. Ebenso begegnet uns dort
sein letztes Werk „eine Grablegung mit 15 lebensgroßen Sandstein—
figuren.“ Der Grabstein auf Hans Sachs' Grab ist halb eingesunken
und wird wenig beachtet, während das Grab Albrecht Dürers in
späteren Jahren restauriert und mit Wappen und Malerzeichen geschmückt
ist. An seinem Geburtstag, dem 21. Dezember, wird jedes Jahr vom
Dürer-Verein seiner Vaterstadt ein Lorbeerkranz auf das Grab gelegt.
Die bürgerlichen Paläste in dem Innern der Stadt haben im
Laufe der Zeit manche Wandlung erleiden müssen; an einigen sitzt das
Schild moderner Gasthöfe, aus anderen sind Fabriken geworden — aus
dem Hertelshofe eine Spielkarten-, aus dem Tucher'schen Jagdhause
eine Papiermachéfabrik. Andere Patrizier sind aus ihren alten Stadt—
Häusern ausgewandert und haben sich prachtvolle Villen draußen vor
den Thoren erbaut.
Das Land um Nürnberg erinnert an den Brandenburger Sand
und heimelt darum den Berliner an, auch darin, wenn er sieht, was
unermüdlicher Fleiß und harte Arbeit aus dem dürren, unfruchtbaren
Boden gemacht haben. Kaum ein Höhenzug dämmert am fernsten
Horizont; man könnte, wenn man sich von der Stadt ab- und der
Ebene zuwendet, sich in die Gefilde der Mark zurückversetzt wähnen.
Aber dieselbe Tüchtigkeit hier wie dort. Was die Scholle jetzt gewährt
an Obst und Tabak, an Getreide, Hopfen und Gemüse, das hat sie nur
der mühseligsten, unverdrossensten Arbeit bewilligt.
So zeigt uns Nürnberg im herrlichsten Licht, was Bürgertugend
und Fleiß hervorgebracht hat und noch hervorzubringen vermag.
Rodenberg.
67. Regensburg.
Obwohl Regensburg in seinem architektonischen Detail bei weitem
nicht so reich als Nürnberg, und als Ganzes betrachtet, viel einfacher,
ernster und düsterer ist, so spricht es darum nicht weniger an, vielleicht
noch mehr. Alter als Nürnberg erweckt Ratisbona, die alte Augusta
Tiberii, nicht wie jene die Vorstellung eines heitern, wohlhabenden Städte—
wesens, das der eigenen Macht- und Lebensfülle froh ward und sie