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geradeaus gerichtetem Laufe davoneilt. Darauf beruht ihre Verfolgung.
Etwa fünf Reiter stellen sich in Zwischenräumen von je einer Meile
neben dem Wege auf, den der Strauß mutmaßlich einschlägt. Sobald
der erste eine Meile weit den Vogel verfolgt hat, jagt der zweite in
gleichem Galopp der Spur des Flüchtigen nach; ihm folgt der dritte,
der vierte, und so wird denn wohl der letzte Reiter Sieger über das
atemlos gehetzte Wild. Ein sicher geführter Streich mit dem „Scham—
bock“ zerschmettert den durch kein Gefieder geschützten Kopf. Mit einem
Klageschrei endet er; nur das Weibchen fällt lautlos nieder. Aber nicht
jedesmal ist der Sieg so leicht, nicht bloß weil sich der Strauß gegen
den Reiter zu verteidigen sucht, sondern weil auch geübte Jagdpferde
scheuen und den Reiter gefährden, wenn plötzlich das kolossale Tier
zusammenstürzt und zuckend mit Flügeln und Füßen den Boden schlägt.
Andere Jagden, bei denen der Jäger in einer Straußmaske den Vogel
beschleicht, oder ihm Schlingen legt u. s. w., kannten schon die Griechen
und Römer. Der Strauß ist leicht zähmbar, erscheint aber im ge—
zähmten Zustande langsam, geistesträg und dumm. Man hat dies für
seinen natürlichen Charakter gehalten. Schon im Hiob heißt es: „Gott
hat ihm die Weisheit genommen, und Verstand hat er ihm nicht ge—
geben.“ Aber der Schiffer der Wüste, der in schrankenloser Freiheit
ganze Länderstrecken durcheilt, und der im engen Pferch geschlossene
Hausvogel müssen wohl zwei sehr verschiedene Geschöpfe sein.
Masins.
8. Die Webervögel.
Wenn die farbenprächtigen Vögel der Tropen von vornherein nach
verschiedenen Seiten hin unsere Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen
und von mannigfachen Gesichtspunkten aus unsern Beifall finden, so
bedarf es doch bei vielen, um sie nach ihrem vollen Werte schätzen zu
können, einer gründlichen Kenntnis ihrer wechselreich verschiedenen
Eigentümlichkeiten; dies trifft vorzugsweise bei einer Unterfamilie der
allbekannten Finkenvögel zu, welche man um ihrer absonderlichen Thätigkeit
willen mit der Bezeichnung Webervögel belegt hat.
Sie sind sämtlich Bewohner heißer Himmelsstriche und bilden
einerseits in ihrer eigenartigen, größtenteils farbenreichen Erscheinung
und andererseits in ihrem wirklich bewunderungswürdigen Nestbau ein
vorzugsweise charakteristisches Merkmal tropischer Landschaften; doch
beschränkt sich ihre Verbreitung nur auf die beiden Weltteile Afrika
und Asien. In der Gestalt, dem Körperbau, der Befiederung, sodann
auch fast in der ganzen Lebensweise, der Ernährung u. s. w. gleichen
sie unsern einheimischen Finken, und eine kleine Gruppe unter ihnen
zeigt sich unsern Sperlingen in allem äußerst ähnlich. Ihre Größe
wechselt etwa von der des Zeisigs bis zu der einer Drossel. Die erste
absonderliche Eigentümlichkeit aber, welche uns an ihnen ins Auge