Full text: [Teil 3, [Schülerband]] (Teil 3, [Schülerband])

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Geschichte in Jena; 1790 verheiratet mit Charlotte von Lengefeld; 1791 schwere 
Bruffkrankheit deren Folgen bis an seinen Tod dauerten; Reise in die Heimat; 
Rückkehr nach Jena und engere Bekanntschaft mit Göthe. Die Zeitschrift Thalia 
und später die Horen; im übrigen, außer der Umarbeitung des Don Carlos, 
wenig Poetisches von Bedeutung. 
1795 1805. Freundschaft mit Göthe bis an seinen Tod. Die Epigramme, 
Balladen und seine großen Dramen fallen in diese Zeit. Aufenthalt anfangs ab— 
wechselud zwischen Jena und Weimar, seit 1799 bloß in Weimar; 1802 geadelt. 
Er starb am 9. Mai 1805. 
Das Lied von der Glocke. 
Vivos voeor Mortuos plango. Pulgura frango. 
Vs emauert in der Erden 
uß die Form, aus Lehm gebrannt. 
Heute muß die Glocke werden! 
Frisch, Gesellen, seid zur Hand! 
Von der Stirne häß 
Rinnen muß der Schweiß, 
Soll das Werk den Meister loben! 
Doch der Segen kommt von oben. 
Zum Werke, das wir ernst bereiten, 
Geziemt sich wohl ein ernstes Wort; 
Wenn gute Reden sie begleiten, 
Dann fließt die Arbeit munter fort 
So laßt uns jetßt mit Fleiß betrachten, 
Was durch die schwäche Kraft ent— 
springt. 
Den schlechten Mann n man ver⸗— 
achten, 
Der nie bedacht, was er vollbringt. 
Das ist's ja, was den Menschen zieret, 
Und dazu ward ihm der Verstand, 
Daß er im innern Herzen spüret, 
Was er erschafft mit seiner Hand. 
Vehmet Holz vom Fichtenstamme, 
Doch recht trocken laßt es sein, 
Daß die eingepreßte Flamme 
Schlage zu dem Schwalch hinein. 
Kocht des Kupfers Brei, 
Schnell das Zinn herbei, 
Daß die zähe Glockenspeise 
Fließe nach der rechten Weise! 
Was in des Dammes tiefer Grube 
Die Hand mit Feuers Hilfe baut, 
voch auf des Tuͤrmes Glockenstube, 
Da wird es von uns zeugen laut. 
Noch dauern wird's in spaten Tagen 
Und rühren vieler Wenschen Ohr 
Und wird mit dem Betrübten llagen 
Und stimmen zu der Andacht Choͤr 
Was unten tief dem Erdensohne 
Das wechselnde Verhänanis bringt, 
Das schlägt an die metallne Kroue, 
Die es erbaulich weiter klingt. 
Weiße Blasen seh ich springen; 
Wohl! die Massen sind im iß 
Laßl's mit Aschensalz durchdringen, 
Das befordert schnell den Guß 
Auch vom Schaume rein 
Muß die Mischung sein, 
Daß vom reinlichen Malite 
Rein und voll die Stimme schalle. 
Denn mit der Freude ilanue 
Begrüßt sie das geliehte Kind 
9 seines Lehens erstem Gange, 
Den es in Schlafes Arm beginnt; 
n noch im rn an 
ie schwarzen und die heitern Lose; 
Der Mutterliebe zaxte Sorgen 
Bewachen seinen goldnen Moxgen — 
Die fliehen pfeilgeschwind. 
Vom Maͤdchen reißt sich stolz der Knabe, 
Er stürmt ins Leben wild hinaus, 
Durchmißt die Welt am Wanderstabe, 
Fremd kehrt er heim ins Vaterhaus. 
Und herrlich, in der Jugend Prangen, 
Wie ein, Gebild aus Himmelshöhn, 
Wit züchtigen, verschämten Wangen 
Sieht er die Jungfrau vor sich stehn. 
Da faßt ein namenloses Sehnen 
Des Jünglings Herz, er irxt allein, 
Aus seinen Augen brechen Thränen, 
Er flieht der Brüder wilde Reihn. 
Errötend folgt er ihren Spuren 
Ind ist von ihrem Gruß beglückt, 
Das Schonste sucht er auf den Fluren, 
Womlt er seine Liebe schmückt— 
S zarte Sehnsucht, süßes Hoffen, 
Der ersten Liebe goldne Zeit! 
Das Auge sieht den Himmel offen, 
Es schwelat das Herz in Seligkeit; 
O daß sie ewig grünen bliebe, 
Die schöne Zeit der jungen Liebe! 
—
	        
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