Full text: [Teil 3, [Schülerband]] (Teil 3, [Schülerband])

Erfolge sich bewähren. Die Grundsätze der perikleischen Staatsleitung 
waren in der That so einfach, daß alle Bürger sie verstehen konnten, 
und Perikles legte einen besonderen Wert darauf, daß die Athener nicht 
wie die Lakedämonier in Geheimthuerei ihre Stärke suchten und nicht 
durch Täuschung oder listige Übervorteilung ihre Gegner besiegen wollten. 
Zufolge der idealen Denkart, die mit praktischem Blicke gepaart 
gerade den großen Staatsmann Athens auszeichnet, wäre die Lieblings— 
politik des Perikles eine panhellenische gewesen: Auf seine Veranlassung 
luden zwanzig Gesandte im Namen Athens die übrigen Griechen des 
Festlandes wie der Inseln, in Europa wie in Asien, zu einem National— 
kongreß nach Athen, um zu beraten über den Wiederaufbau der durch 
die Perser zerstörten Heiligtümer, über die Erfüllung der zur Zeit der 
Perserzüge gemachten Opfergelübde, über die Sicherung des Meeres 
und der gemeinsamen Schiffahrt wie über die Befestigung des Friedens. Für 
eine so großartige und zugleich so wenig selbstbefangene Politik war 
das eifersüchtige Sparta und seine näheren Bundesgenossen nicht zu 
gewinnen: gerade vom Peloponnes ging die Ablehnung jenes Gesandt— 
schaftstages aus. So mußte Perikles die Grenzen seiner allumfassenden 
Staatsweisheit enger stecken; er erkannte den Dualismus, der sich nun 
einmal herausgebildet hatte, an und beschränkte sich, da Griechenland 
doch nicht in einen Bund zu sammeln war, wenigstens den Frieden 
unter den Hellenen möglichst zu erhalten. Vorsicht und Mäßigung ist 
die erste Norm seiner auswärtigen Politik; denn eine Macht, wie die 
attische, wird durch jeden Unfall, der die Furcht der Bundesgenossen 
aufhebt, in ihrem Bestehen gefährdet. Eine Kontinentalherrschaft neben 
der Seeherrschaft ist unmöglich, weil eine dauernde Herrschaft in Böotien 
nur durch militärische Besetzung möglich wäre; dadurch würde Athen 
aber seine Streitkräfte völlig zersplittern und sich in unaufhörliche Fehden 
verwickeln. 
Das Leben eines seiner Mitbürger unnütz aufs Spiel zu setzen, 
erschien ihm als der größte Frevel, und es wird berichtet, daß er, so 
oft er den Kriegsmantel umlegte, sich warnend zugerufen habe: „Hab acht, 
Perikles, es sind Hellenen, die du führst, es sind Bürger von Athen!“ 
So war Perikles aufs entschiedenste gegen jeden unnötigen Krieg. 
Freilich kannte er Spartas wachsende Mißgunst; aber Athen sollte 
alle üble Nachrede mit Gleichmut tragen, es sollte seine Interessen 
ruhig und fest vertreten, Sparta keinen Vorrang zugestehen und keinen 
Besitz aufgeben, selbst aber keinen Feind reizen Käme endlich die 
Stunde der Entscheidung — und eine endgültige Abrechnung mit Sparta 
in einem Waffengang sah auch Perikles als unvermeidlich voraus — 
dann sollte Athen unüberwindlich dastehen, dann sollte sein Schild die 
Mauer, sein Schwert die Flotte sein. 
Was die Befestigung Athens anlangt, so hat Themistokles das 
Verdienst des Gründers, Perikles das des Vollenders; denn letzterer 
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