die Julisonne eine förmliche Backofenwärme ausgebrütet hat, hinaus
auf die weite, freie Bergeshöhe, so giebt es hier nichts Wohlfeileres,
als Steine und frische Luft.
Wir sehen, für das Auge bietet der Westkreis des Schönen genug.
Gut bedacht ist auch der Gaumen. Die Heidedörfer, besonders Thiemen—
dorf, schaffen Äpfel und Birnen, das Holzland liefert Erd-, Heidel- und
Preißelbeeren, das Saalthal Weintrauben und Zwetschen, der Rein—
städter Grund Kirschen und die Gegend um Röttelmisch welsche Nüsse.
Zu frieren braucht im Westkreise niemand, auch im harten Winter nicht;
denn das Land ist an Holz außerordentlich reich. Der Magen allein
ist es, welcher in vielen Gegenden durch das Land selber nicht zur
Genüge befriedigt werden kann, sondern nach Hilfe von außen sich
umsehen muß. Zwar ist die Abtei im Amte Eisenberg ein fruchtbarer
Strich, und im unteren Roda- und fast im ganzen Saalthale steht das
Getreide eben so schön, wie in den besten Teilen des Ostkreises; aber
es giebt auch viele Striche, in denen der Boden die Mühe des An—
baues nicht lohnt. Oft ist die Oberfläche der Bergwände nichts als
Steingerölle, wo kaum eine verkrüppelte Kiefer oder ein genügsamer
Wacholderbusch sich anklammern und nähren kann, oft auch liegen auf den
Berghöhen große Steinmassen. Wenn auf diesen an einzelnen Orten,
wie z. B. auf der Wölmse bei Schöngleina, in guten Jahren eine reiche
Ernte gemacht wird, so ist das eine Ausnahme. Gewöhnlich bringt es
auf solchen Feldern selbst der Hafer nicht weiter, als bis zur Zwerg—
größe und steht obendrein noch so dünn, daß die Rispe schon ein gutes
Ohr haben muß, wenn sie das Niesen ihrer Nachbarin zur Linken hören
will, und eine starke Stimme, soll die Nachbarin zur Rechten ihr Husten
vernehmen. Aber selbst da, wo der Aussaat eine ziemlich reiche Ernte
folgt, merkt der Bauer viel mehr, als im Ostkreise, etwas von dem
Spruche, daß der Mensch im Schweiße seines Angesichtes sein Brot
essen soll. Oft liegen die Felder so steil, daß sie nur mit Ochsen be—
arbeitet werden können, Pferde würden sich in kurzer Zeit aufreiben;
ja es giebt der Gegenden nicht wenige, wo man auf Wagen zu den
Ackern gar nicht kommen kann, und der Dünger in Butten hinauf- und
die Ernte in Körben heruntergetragen werden muß.
310. Die Saale.
Der Sperling fraß die Fliege, denn, sagte er, ich bin groß, und
du bist klein. Den Sperling verspeiste der e en er,
ich bin groß, und du bist klein. Den Sperber erschoß der Mensch und
gab ihm auf seine Klage keine andere, als seine eigene Antwort. Ge—
rade so geht es im Reiche des Wassers zu. Die Elster verschluckt
den Raudenbach; denn, spricht sie, ich bin groß und du bist klein.
Die Roda füllt ihren Leib mit dem Weiher-, Zeitz- und anderen
Bächen aus demselben Grunde, und selbst die kleine Orlha läßt den
noch kleineren Bach, welcher von Hummelshain herunterkommt, nicht
los, um ihre vielen und großen Krebse ausreichend nit Wasser ver—
sorgen zu können. Aber sie alle, Elster, Roda und Orla, werden
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