Full text: [Teil 5 = Obertertia, [Schülerband]] (Teil 5 = Obertertia, [Schülerband])

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14. Der alte Blücher. 
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Von Heinrich v. Treitschke (Deutsche Geschichte Bd. I). 
Zeiten der Not heben den rechten Mann rasch an die 
rechte Stelle. Da Friedrich Wilhelm III. in seiner Schüchtern¬ 
heit sich nicht getraute, nach dem Brauche seiner Vorfahren 5 
das Heer selber zu führen, so durfte nur ein Mann den 
Befehl über die preußische Hauptarmee übernehmen — der 
erste Feldsoldat der deutschen Heere, General Blücher. Wohin 
ivaren sie doch, die Träume der gebildeten Menschenfreunde 
vom ewigen Frieden? Gereift und gekräftigt in harter Prü- 10 
sung glaubten die Deutschen wieder an den Gott, der Eisen 
wachsen liest, und jene einfachen Tugenden ursprünglicher 
Menschheit, die bis an das Ende der Geschichte der feste Grund 
aller Größe der Völker bleiben werden, gelangten wieder 
zu verdienten Ehren: der kriegerische Mut, die frische Kraft 15 
des begeisterten Willens, die Wahrhaftigkeit des Hasses und 
der Liebe. In ihnen lag Blüchers Stärke, und diese Nation, 
die sich so gern das Volk der Dichter und der Denker nannte, 
beugte sich vor der Seelengröste des bildungslosen Mannes; 
sie fühlte, daß er wert war, sie zu führen, daß der Helden- 20 
zorn und die Siegesfreude der Hunderttausende sich in ihm 
verkörperten. Was hatte der Alte nicht alles durchgemacht in 
dem halben Jahrhundert, seit die Belling-Husaren einst den 
schwedischen Kornett einsingen, und der alte Belling selber 
den unbändigen Junker in Kunst und Brauch der frideri- 25 
eianischen Reiter unterrichtete. Er hatte an der Peene gegen 
die Schweden, bei Freiberg gegen die Kaiserlichen, in Polen 
gegen die Konföderierten gefochten, ivar ans jenem unblutigen 
Siegeszuge durch Holland dem ^Bürger und Bauer überall 
ein wohllvollender Beschützer gewesen und dann während der 30 
rheinischen Feldzüge von Freund und Feind bewundert wor- 
den. Die schneidige Tollkühnheit, die behende Lift, die un¬ 
ermüdliche Ausdauer des alten Zielen lebten wieder auf in 
dem neuen Könige der Husaren. Sein lebelang blieb er 
der Ansicht, .für das Fußvolk genüge zur Not der nachhaltige 35 
Mut, der Reiterführer aber bedürfe einer angeborenen Be¬ 
geisterung, um die seltenen und flüchtigen Augenblicke, die 
seiner Waffe eine große Wirkung erlaubten, immer sofort 
mit Ungestüm zu ergreifen.
	        
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