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Dritter Zeitraum.
aber wieder ansgraben lassen, weil er im Kirchenbann gestorben war.
Seitdem stand die Leiche im Sarge auf einer kleinen Insel der Maas,
wo ein Eremit aus Jerusalem täglich Bußpsalmen für die Seelenruhe
des Kaisers sang; nachher stand sie 5 Jahre in einer ungeweiheten
Kapelle zu Speier, bis endlich der Pabst das Begräbniß erlaubte.
Nun regierte Heinrich V. und setzte erst den Krieg gegen den
Pabst fort, weil er sich das Recht nicht nehmen lassen wollte, die Bi¬
schöfe einzusetzen. Endlich aber schloß er 1122 mit dem Pabfte Ca-
lirtus II. das Concordat zu Worms, worin er freie Wahlen der
Bischöfe gestattete, und die Gewählten mit dem Scepter zu investi-
ren (mit ihrer weltlichen Fürstenwürde belehnen), sich bereit erklärte,
nicht mit dem bischöflichen Ringe und Stabe, wie sonst, da¬
mit es nicht mehr den Schein habe, als gebe der Kaiser den Bischöfen
ihre geistliche Gewalt. Dieser Vertrag stellte den Frieden zwischen
Kirche und Staat wieder her, und wurde im folgenden Jahre 1123
bestätigt auf der ersten allgemeinen lateranensischen Kir¬
chenversammlung, der 9ten allgemeinen, welche ihren Namen vom
päbstlichen Lateranpalaste zu Rom hat. Eine frohe Begebenheit am
Ende dieses Zeitraumes!
Dritter Zeitraum.
Vom ersten Kreuzzuge bis Rudolph v. Habsburg.
(I. Chr. 1096 — 1273.)
(177 Jahre.)
I. Anfang der Kreuzzüge.
§. 48.
Der erste Kreuzzug.
(seitdem die h. Helena zu Jerusalem die Kirche des h. Grabes er¬
bauet hatte, war es herrschende Sitte der Christen aller Länder, Wall¬
fahrten nach den h. Orten anzustellen, wo der Erlöser gewandelt hatte.
Aus Europa pilgerten jährlich Millionen zum h. Grabe in Jerusalem,
nicht nur gemeine Leute, sondern auch Fürsten und Bischöfe. _ Die
griechischen Kaiser, wie auch die späteren Landesherren, die sarazenischen
Kalifen, sahen die vielen Pilger nicht ungern, denn sie brachten viel
Geld ins Land.
Aber im I. 1076 eroberten die Seldschucken, ein Turken-
stamm, das h. Land, indem sie die Sarazenen vertrieben, machten aus