40. Der öffentliche Nutzen des Waldes.
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Wald — es auch nur einem einzigen Touristen einfallen
dürfte, in den kahlen, sonnendurchglühten Bergen herumzu-
steigen, oder daß nur eine einzige Familie in dem nackteil
Gestein ihre Sommerfrische aufschlagen, ein respektables Gast¬
haus, ein Bad dort seine Pforten öffnen würde? Jene ganz
bedeutende Einnahmequelle, mit welcher die Gebirgler rech¬
nen und rechnen müssen, würde sehr bald versiegen und das
nackte Bergland, weil an sich ertraglos und nicht genug Ver¬
dienst gewährend, über lang oder kurz von seinen Bewohnern
verlassen werden.
Der hohe nationalökonomische Wert, den der Wald in
der gedachten Beziehung hat, wird noch viel zu wenig be¬
tont, und wenn es möglich wäre, die klingende Einnahme,
die der von Jahr zu Jahr anwachsende Touristenstrom den
Bewohnern der waldbedeckten Berge bringt, in greifbaren Zah¬
len vor das Auge zu führen, so würde man über die Höhe der
Summe staunen. Dieses bedeutende Stück Waldrente wird
natürlich nie denr Walde gutgeschrieben tverden, und es er¬
geht ihm in diesem Punkte wie manchen Leuten, deren Ver¬
dienste erst dann Anerkennung finden, wenn man sie (die
Leute nämlich) nicht mehr hat.
Von kurzsichtigen Leuten hört man nun oft die Ansicht
aussprechen, daß — wenn auch in Deutschland die Waldfläche
noch mehr zurückgehe und der inländische Bedarf an Holz
nicht mehr aus den vaterländischen Wäldern gedeckt werden
könne — man ja bei den jetzigen Verkehrsmitteln den ein¬
heimischen Konsum leicht und vollauf durch Zufuhr aus dem
Anslande befriedigen könne. Ja, zur Zeit wohl noch, aber
nicht für alle Zukunft. Tenn man wolle bedenken, daß in
den Ländern, aus denen wir jetzt noch Holz beziehen (haupt¬
sächlich Rußland und Skandinavien), die Wälder rücksichts¬
los niedergeschlagen werden, daß dort vielfach der reine Raub¬
bau getrieben wird, der mit einer Erschöpfung der Waldungen
in absehbarer Zeit endigen ninß. Macht sich doch schon jetzt
in Rußland, dessen Waldungen sehr ungleich über das Land
verteilt sind, in verschiedenen Gouvernements ein empfind¬
licher Holzmangel fühlbar, während im russischen Norden
noch Überfluß herrscht, der aber — wie aller Überfluß —
zur Verschwendung führt. Auch in Norwegen sind die Wälder
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