Full text: Prosaband (Teil 9, [Schülerband])

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Tabor sein Haupt, während vor den Bugen das Gebirg Gilboa und 
die Höhenzüge Bamariens die Ebene Jesreel begrenzten, den Schau¬ 
platz aller großen Bchlachtentscheidungen in der Geschichte Israels, 
aber auch des ländlichen Idylls im Hohenliede, wo die Bulamitin 
„in den Nußgarten hinabging, zu schauen die Bträuchlein am Bach, 
zu schauen, ob der weinstock blühe, ob die Granatäpfel grünen." 
Eine in aller weise großartig-liebliche Natur. „Während die Hügel 
Judas rauh und kahl und die wiesen von Baron verbrannt und dürre 
sind," sagt ein neuerer Besucher des Heiligen Landes, „lachen die Wädies 
(Täler) von Galiläa fast überall von Kräutern und Blumen. Lin 
Eichwald bedeckt die Wände des Karmel, Zederngruppen nisten in den 
Bpalten des Hermon, Myrten vergrößern sich zu Bäumen, und Tau¬ 
sende von Grangenblüten erfüllen die Lüfte mit ihrem Duft. Nicht 
sonniger ist das Niltal, die Vegas Granadas nicht malerischer, denn 
hier kommen die grimmige Bonne und der erquickende Negen zu¬ 
sammen, und Wasser fließt durch Galiläa, nicht in Zisternen und Teichen, 
sondern königlich ausgegossen in Bächen und Btrömen dem Meere zu. 
Jede Krümmung des Wegs, jeder Wechsel des Bchauplatzes erinnert 
an irgendeine Lieblingsstelle in Deutschland, Bpanien, Italien." werden 
wir meinen, daß dieser Gottesgarten des Heimatlandes, über dem damals 
noch ganz anders als heute des Bchöpfers freundliches Bngesicht leuchtete, 
nichts bedeutet habe für die Gemütsentsaltung des Jesuskindes? Ge¬ 
wiß ist es Torheit, das wundersamste überweltliche Geistesleben, das 
je ein menschliches Herz erfüllt hat, erklären zu wollen aus dem 
Widerschein der heimatlichen Landschaft,' aber wo ein keimendes Geistes¬ 
leben in der mütterlich umfangenden Natur sein eigenes Bpiegelbild 
erkennt, da wird es auch an ihrem Busen Kräfte der Entfaltung saugen, 
und seine unwillkürlichen Äußerungen werden irgendwie, ihre Züge 
tragen, wie uns der Täufer Johannes, der schwermütige Einsiedler, 
an sein öderes, einförmiges Judäa, ja mit seinem Trauern und Fasten 
an die wüste Juda als die Heimat seiner Jugend erinnert, so bekennt 
sich Jesus mit dem hellen Bonnenschein seines Gemüts, mit seinem bei 
allem heiligen Ernst freien und fröhlichen Wesen als das echte Pflege¬ 
kind des schönen Galiläa mit seinen wogenden Ährenfeldern, seinen 
prangenden Obstgärten, seinen waldigen Bergen und zwischen Blumen 
hinrauschenden Wassern. In bezeichnendem Unterschied von dem trüben 
Ernst seines Vorgängers, der „nicht aß noch trank" und in härenem 
Kleide jeden Bchmuck des Daseins von sich fernhielt, hat er die duftige 
Narde im Haar und das Gewächs des Weinstocks, das „des Menschen 
Herz erfreut", nicht verschmäht. Den Vögeln unter dem Himmel hat 
er sinnend zugesehen, wie sie nicht säeten, nicht ernteten noch in Zcheunen 
sammelten, und wie doch der himmlische Vater sie nährte, und die Lilien 
auf dem Felde, die sein Heimattal ihm zu Tausenden vorhielt, sind 
ihm schöner gewesen als Balomo in aller seiner Herrlichkeit. Bich selbst
	        
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