Full text: Prosaband (Teil 9, [Schülerband])

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Konvention. Dunant hatte dankerfüllt anerkannt, daß Kugusta 
diejenige Fürstlichkeit gewesen ist, die das meiste Verdienst um das 
Zustandekommen des internationalen Vertrages gehabt hat. In Berlin 
hatte er bereits eine Keihe zum Teil hochgestellter Persönlichkeiten 
für die Gründung eines preußischen Zentralkomitees für die Kriegs¬ 
krankenpflege gewonnen, zu denen gerade viele nahe Freunde Kugustas, 
wie der Fürst Loguslaw Kadziwill, Kbeken und Langenbeck gehörten. 
Km 6. Februar 1864 erfolgte die Gründung des preußischen Vereins 
zur Pflege im Felde verwundeter und erkrankter Krieger, der sogleich 
im schleswig-holsteinischen Kriege große Kufgaben zu bewältigen 
erhielt. Km 19. Rpril 1865 übernahm Kugusta zusammen mit ihrem 
Gemahl das Patronat darüber. Km Tage ihres Fortganges aus 
Berlin im Jahre 1866, am 7. Mai, erhielt die Gesellschaft durch 
königliche Bestätigung Korporationsrechte. In der Bevölkerung brachen 
sich die Bestrebungen Kugustas und ihrer Freunde nur langsam Bahn. 
Man besaß noch wenig Verständnis dafür. Kur hier und da faßte 
die große Idee schnell Wurzel. Demgegenüber verfolgte Kugusta auf¬ 
merksamen Kuges die gewaltige Tätigkeit der Frauenvereine in den 
vereinigten Staaten während des Sezessionskrieges, wo nach Dunants 
Kngabe von 7000 Frauenvereinen 400 Millionen für die verwundeten 
aufgebracht wurden. Sie entnahm daraus den Sporn, in ihrem Lande 
eine ähnliche Wohltätigkeit vorzubereiten, und sie hatte dann auch 
die Genugtuung, daß es, wenn auch langsam, vorwärts ging. Bei 
Kusbruch des Krieges gegen Österreich bestanden in Preußen außer 
den Zentralkomitees in Berlin, Schlesien und wachsen immerhin schon 
120 Ortsgruppen, eine Zahl, die freilich bei weitem noch nicht ge¬ 
nügte. 
Kls der Königin bei Beginn des Feldzuges die ganze Last 
der Leitung dieses unvollkommenen Hilfsapparates zufiel, da schienen 
ihr die Schwierigkeiten fast unüberwindlich, zumal da der Kusbruch 
der Tholera ungeahnte Kufgaben stellte. Das klingt aus ihrer Klage 
zu Dunant: „Im Knfange des Krieges mußte ich alles selbst über¬ 
wachen. Der König hatte mich allein mit der Tholera in Berlin 
zurückgelassen." Unermüdlich widmete sich Kugusta ihrer helfenden 
Tätigkeit. Täglich besuchte sie die Kmbulanzen und Krankenhäuser, 
immer mit freundlichen Worten ermutigend und tröstend. So reiste 
sie auch nach Magdeburg zum Besuch der dortigen Lazarette, begleitet 
von Dolmetschern, um sich auch den feindlichen Loldaten, die dort 
lagen, verständlich zu machen. Sie war die Seele des ganzen großen 
Liebeswerkes in Preußen. Ihr eiferten zunächst die Prinzessinnen 
des Königlichen Hauses nach. Innere Befriedigung gewährte ihr die 
Beobachtung, daß die Tätigkeit des Koten Kreuzes alle Parteiungen 
begrub. „Ihr Werk hat uns alle zusammengeführt," durfte sie vunant 
voller Freude erzählen. Mit einem gewissen Stolze trug sie während
	        
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