Full text: Für Obertertia und Untersekunda (Abteilung 3, [Schülerband])

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hergerichteten Platz; ein Überbleibsel dieser Redewendung ist unser 
„etwa» aufbringen", z. B- eine neue Mode. 
14. Vom ritterlichen Kampfe schreibt sich auch unser „etwas 
im Schilde führen". Es ist auf die Wappenschilder zu beziehen, die 
durch das Erheben des Schildes, das Zeichen der Kampfbereitschaft, 
sichtbar wurden und so das Vorhaben des Schildträgers den Kampf 
zu beginnen offen kundtaten. Die Redensart wird auffallender¬ 
weise jetzt vielfach angewandt, um eine heimliche, versteckte Absicht 
zu bezeichnen. 
15. Auch „sich zur Wehr setzen", abgeschwächt „sich widersetzen" 
muß mit dem Reiterkampf in Beziehung gebracht werden und 
darf um so mehr als ein aus der Ritterzeit herrührendes Wort 
gelten, als für den gepanzerten Ritter das Aufsitzen keine leichte 
Arbeit und der regelrechte Sitz von besonderem Werte war. Der 
Reiter war dann „aufgebracht", d. h. auf das Pferd gebracht, und 
„aufsässig". Beide Ausdrücke dienen uns als bildliche Ausdrücke 
für Trotz und Zornmut und stehen dem „in Harnisch bringen", 
d. h. einen nötigen, den Harnisch anzulegen, durchaus nahe. 
16. Mit dem Verfall des Rittertums verlegte sich der Schwer¬ 
punkt des nationalen Lebens in das mächtig aufstrebende Bürgertum 
der Städte. Dementsprechend drängen die sogenannten Freischießen, 
bei denen sich das mittelalterliche Städteleben in den buntesten 
Farben entfaltete, die rittermäßigen Turniere immer mehr zurück 
und treten als Volksfeste in den Vordergrund. Kein Wunder, 
wenn aus dem Hergang und den Gebräuchen auch dieser bürger¬ 
lichen Waffenfeste eine Reihe damals gebräuchlicher Wörter und 
Wendungen geblieben ist. 
17. So ist vor allem unser Wort „Zweck" der Schützensprache 
entlehnt. Es bezeichnet den in der Mitte der Scheibe angebrachten, 
ein wenig hervortretenden Pflock nnd lebt in der ursprünglichen 
Bedeutung in Schuhzwecke fort. Den Zweck mit dem Bolzen zu 
treffen oder den Zweckschuß zu tun, war das Streben eines jeden. 
Es hieß also ursprünglich „nach dem Zwecke zielen, streben"; die 
Wendung „einem Zwecke dienen", „Zweck haben" entstammt also 
einer Zeit, wo das Wort schon ganz zu einem abgezogenen geworden 
war. Auch die Kunstworte für das Zielen des Schützen haben 
unsere Sprache bereichert. Er mußte nach der allenthalben geltenden 
Ordnung „im Stand", d. h. im Schützenraum freihändig und
	        
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