aneinander zu messen; der Wetteifer steigerte sich, wenn bei festlichen
Anlässen das Volt sich versammelte, den Wettkämpfen zuzuschauen. Hier
trat die Gymnastik in den Dienst der Religion. Denn wenn zum An¬
denken der stadtgründenden Heroen, wenn zur Feier der unsterblichen
Götter, unter deren Obhut der Staat fortbestand, das Beste dargebracht
wurde, was der Boden des Ackers, was die Herden des Feldes er¬
zeugten, oder was der Menschen erfindungsreicher Sinn in der Kunst
der Formenbildung, wie der Rede und des Gesanges zu schaffen wußte
— wie sollte da nicht auch das köstlichste aller Güter, deren sich der
Staat erfreute, den Göttern geheiligt werden, die männliche Tüchtigkeit
seiner Bürger und die Jugendkraft des nachwachsenden Geschlechts!
Die Wettkämpfe selbst waren Opfer des Danks, und die Götter, sagt
Plato, sind Freunde der Kampfspiele. Wohl gab es keine Huldigung,
die so mühselige Ausdauer vieler Jahre, so viel Aufwand an Kraft
und Zeit, so viel Entbehrung und Schmerzen forderte. Aber die Hellenen
haben nie die Freude des Lebens in träger Behaglichkeit gesucht; sie
fühlten lebendig, was auch unter uns jeder aus eigner Erfahrung
wissen sollte, daß eine freie, alle Muskeln anspannende Bewegung des
Körpers in Luft und Sonnenlicht jeden gesunden Menschen freudig
belebt und mit innerer Heiterkeit erfüllt. Darum waren die Festspiele
für die Hellenen die höchste Lust des Lebens; sie konnten sich auch
die Inseln der Seligen nicht ohne Ringplähe denken, und als die Zehn¬
tausend einst nach unsäglichen Mühseligkeiten aus dem Innern Asiens
endlich wieder an das Gestade des Meeres gelangt waren, nach dem
sich ihr griechisches Herz gesehnt hatte, da war das erste, was sie zum
Danke gegen die Götter und zur Erquickung ihrer ermatteten Seelen
vornahmen, daß sie vor den Toren von Trapezunt Kampfspiele an¬
stellten; sie waren wieder Griechen auf griechischem Boden, und alles
Ungemach war vergessen.
Es gab keine größeren Götterfeste ohne Festspiele, und die Athleten,
die ihre Meisterschaft in einem Zweige der Gymnastik wie ein Gewerbe
behandelten, konnten umherwandernd zu allen Jahreszeiten Kampfspiele
besuchen, in denen Siegerpreise zu gewinnen waren. Die olympischen
Spiele aber übertrafen nach Pindars Worten alle andern so, wie das
Quellwasser die Schätze des Erdbodens und wie das Gold die Güter
des Reichtums.
Olympia war ursprünglich ein Tempelbezirk vor den Toren Pisas.
Rach der Zerstörung der Stadt ließen die Eleer kein neues Pisa auf-