Neben dem Schrecken zogen Trotz und wilde Verzweiflung in die
Seelen. Die sittliche Verwahrlosung nahm im Landvolk furchtbar über¬
hand. Das Branntweintrinken, das seit dem Bauernkrieg in das Volk
gekommen war, wurde ein gewöhnliches Laster. Die Achtung vor frem¬
dem Eigentum verschwand. Im Anfang des Kriegs waren die Nachbar¬
dörfer einander noch hilfreich gesinnt. Wenn die Soldaten in dem einen
Dorfe Vieh forttrieben und es bei der nächsten Nachtrast wieder
verkauften, so gaben die Käufer den neuen Erwerb oft den frühern
Eigentümern um den Einkaufspreis zurück. Das taten in Franken selbst
katholische und protestantische Ortschaften einander zuliebe. Allmählich
aber begann der Landmann zu stehlen und zu rauben, wie der Soldat.
Bewaffnete Hausen rotteten sich zusammen, zogen über die Landes¬
grenze in andere Dörfer und entführten, was sie bedurften. Sie lauerten
den Nachzüglern der Regimenter in dichtem Walde oder in Gebirgs¬
pässen auf und nahmen oft nach hartem Kampf an dem Leben der
Bezwungenen eine rohe Rache, ja, sie überboten die Virtuosität der
Soldaten in Erfindung von Todesqualen, und es wird wenige Wald¬
hügel geben, in deren Schatten nicht greuliche Untat von solchen verübt
ist, die dort früher als friedliche Holzfäller und Steinbrecher ihr kunst¬
loses Lied gesungen hatten. Es entstand allmählich ein grimmiger Hatz
zwischen Soldaten und Bauern, der bis an das Ende des Krieges
dauerte und mehr als etwas andres die Dörfer Deutschlands ver¬
dorben hat. — Auch zwischen den Landschaften und einzelnen Örtern
entbrannten Fehden.
Nach Kräften suchten sich die Dörfer vor der Raubgier der Soldaten
zu wahren. Auf die Kirchtürme und hohen Punkte der Flur wurden
Wachen gestellt, die ein Zeichen gaben, wenn Truppen in der Ferne
sichtbar wurden. Dann brachte der Landmann, was er retten konnte,
die Frauen und Kinder und leicht bewegliche Habe, eilig in ein ent¬
ferntes Versteck. Solche Verstecke wurden mit großem Scharfsinn auf¬
gesucht, durch Nachhilfe noch unzugänglicher gemacht, und Wochen-, ja
monatelang fristeten dort die Flüchtlinge ihr angstvolles Dasein. Im
schwarzen Moor zwischen Gräben, Binsen und Erlengebüsch, in dunkler
Waldesschlucht, in alten Lehmgruben und in verfallenem Mauerwerk
suchten sie die letzte Rettung. Noch jetzt zeigt an manchen Orten der
Landmann mit Teilnahme auf solche Stellen. Zu Aspach in einem
alten Turm ist sechzehn Futz über dem Boden ein großes Gewölbe mit
eiserner Tür, dorthin flüchteten die Aspacher, so oft kleine Banden auf