Full text: Für Klasse 3 (achtes Schuljahr) und die Untertertia der Studienanstalten (Teil 7, [Schülerband])

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also eine Variante der. bekannten Totentanzbilder. Aus der Rückseite 
lesen wir wieder Dürersche Verse, die den Menschen mahnen, 
nach Christo zu leben, 
Der kann dir ewiges Leben geben, 
ihn auffordern, 
um Gnad' zu erwerben, 
Als sollt' er jede Stunde sterben. 
Es liegt in allen diesen Herzensergüssen kein schroffer Widerstand gegen 
die Weltanschauung des Mittelalters — Dürer läßt noch die guten 
Werke gelten —, aber abgesehen von dem tiefen Ernst und gewaltigen 
sittlichen Eifer erscheint in ihnen, wie in seinen künstlerischen Schöpfungen, 
ein stärkerer persönlicher Zug ausgeprägt, als er im Mittelalter heimisch 
war. An die religiöse Vorstellung knüpft sich eine feste persönliche Über¬ 
zeugung, die den Bildern den warmen, innigen Ton verleiht und sie 
individuell gestaltet. Damit hängt zusammen, daß ihn bestimmte religiöse 
Gedankenkreise beherrschen, gegen andere seine Phantasie sich stumpf 
verhält. Je nachdem sich sein persönliches Wesen von ihnen stärker 
oder schwächer angezogen fühlt, wird auch der künstlerische Sinn von 
ihnen verschieden gepackt. Dieses, sein persönliches Wesen hängt aber 
mit der allgemeinen Stimmung seiner Zeit und seines Volks eng 
zusammen. 
Es fällt auf, daß die Bücher des Alten Testaments, für die spätern 
deutschen Künstler so fruchtbar an Anregungen, für Dürer stumm blieben. 
Die Bibel war noch nicht Haus- und Unterhaltungsbuch geworden. 
Ebenso fremd blieben ihm die mittelalterlichen Heiligenlegenden. Wenn 
er Heilige darzustellen hat, so begnügt er sich in der Regel mit der 
Wiedergabe ihrer Figur. Christi Leben und Leiden besitzen für ihn 
die größte Anziehungskraft, außer Christus noch Maria, zu deren Schil¬ 
derung ihm aber nicht so sehr die Überlieferung, wie die persönliche 
Empfindung die Farben mischt. Sechsmal hat, soviel wir wissen, Dürer 
die Madonna mit dem Christkinde aus dem Arm, stets nur im Brustbild, 
gemalt. Keine einzige Darstellung ist volkstümlich geworden. Die Schuld 
mag die unvollkommne malerische Technik mit tragen. Die vornehmste 
Ursache der geringern Wirkung dieser Marienbilder liegt aber doch 
in dem Mangel individueller Auffassung. Dürer hat sich, während er 
an ihnen malte, nicht zu klarer Selbstbesinnung emporgearbeitet, den 
Faden, der sich sonst vom Gegenstände der Darstellung zu seiner
	        
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