Full text: Prosa (Teil 8, [Schülerband])

was er will! Bete ihn an, den Höchstweisen, der sie alle nebeneinander 
geordnet, so voneinander entfernt, so miteinander verbunden, so gegen¬ 
einander abgewogen hat, daß alles zu demselben Endzweck übereinstimmt, 
alles gemeinschaftlich wirkt, alles unveränderlich in seinem Wirkungs¬ 
kreise bleibt, alles sich nähert und nichts sich berührt. Bete ihn an, 
den Allgütigen, den Gott der Liebe, der so viel, so unendlich viel Leben 
und Freude und Seligkeit außer sich hervorgebracht hat, stets mit mehr 
als väterlichem Wohlwollen auf seine ganze, grenzenlose Schöpfung 
herabsieht und sie in jedem Augenblick mit neuen Ausflüssen seiner alles 
belebenden und alles beseligenden Gotteskraft durchströmt. Ja, werde 
ganz Andacht, ganz Anbetung, o Mensch, wenn du diesen Schauplatz 
der Wunder deines Gottes betrachtest! 
Fühle aber auch dein Nichts und lerne Demut! Auch dies ruft 
dir die Betrachtung des gestirnten Hünmels zu. Wandelt dich je die 
törichtste aller menschlichen Leidenschaften, der eitle Stolz, an, o Mensch, 
verleitet er dich je, deine Schwachheit zu vergessen oder dich über deine 
Brüder zu erheben, dann betrachte diesen Schauplatz der göttlichen Herr¬ 
lichkeit. Sieh mit mir in die Höhe und antworte mir: Kannst du die 
Sterne zählen? Kannst du sie alle mit Namen nennen? Kennst du 
die Kraft, die sie hebt und trägt, die ihnen ihren Lauf vorgeschrieben, 
ihren Standpunkt angewiesen hat, die sie aufgehen und niedergehen 
heißt? Kennst du ihre Gestalt, ihren Bau, ihre innere Beschaffenheit, 
die Millionen Welten, die sich um jene Million funkelnde Sonnen 
herumwälzen, und die unzählbaren Geschöpfe, die diese Welten be¬ 
wohnen? Weißt du, wann eine jede von diesen Sonnen, von diesen 
Welten entstanden ist, wie lange eine jede in ihrem Kreise fortlaufen, 
wie lange sie leuchten und wann sie ihren Schein verlieren, ihr Ende 
erreichen soll? Kannst du der Macht dessen, der dies Heer hervor¬ 
ruft und ordnet und leitet, Grenze setzen? Kannst du aus deiner 
finstern Behausung die ganze unermeßliche Lichtwelt übersehen? Wie 
eng ist doch dein Gesichtskreis! Wie wenig umspannst du mit deiner 
Macht! Was tust du Großes, wenn du auch ein Eroberer wärest! 
Du durchwühlst einen Maulwurfshaufen oder vermehrst die Handvoll 
Erde, die du dein Reich nennst, mit einer zweiten. Und wie viel Staub 
wirst du dereinst mit deinem Staube bedecken? Wie lange wird der 
Sandhügel stehen, der ihn verschließt? O Mensch, mußt du dich nicht 
selbst unter der Menge von den Geschöpfen dieses Erdbodens verlieren? 
Hektar Zollikofer.
	        
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