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ihnen folgten sechs Picadores zu Pferde. Sie waren in ledernem Wams,
auf der rechten Seite mit Eisenfchienen gesichert, den spanischen Hut auf
dem Kopfe. Jeder trug eine starke Lanze mit nur anderthalb Zentimeter
langer Eisenspitze und saß in einem hohen Bauschsattel, der einen sehr
festen Sitz gewährt. An ihre Spitze trat unter lebhaftem Beifallsrufen
der Matador namens Cuchiera, ein berühmter, gefeierter Held der Arena.
Diese Phalanx rückte gegen den königlichen Sitz vor, wo sich die Königin
Christine befand, ließ sich auf ein Knie nieder und gab den königlichen
Gruß, wofür aus zwölftausend Kehlen gezischt wurde.
Jetzt trat die Hauptperson ein, ein gewaltiger, schwarzer Stier mit
spitzigen Hörnern und flammenden Augen. Diese Bestie befindet sich
nämlich vor ihrem Auftreten in einem Zwinger, in dessen Decke Löcher
angebracht sind, durch die man den Stier mit spitzen Stacheln sticht, so
daß er schon bei ziemlich übler Laune ist, bevor er eintritt. Sobald daher
die Pforte seines Kerkers sich öffnet, schießt er mitten in die Arena, sieht
sich wild und verwundert um, scharrt den Sand mit den Füßen und
stürzt dann auf den ihm zunächst stehenden Picador los. Dieser hält
unbeweglich still und läßt das wütende Tier auf seine Lanzenspitze auf¬
laufen. Dem Pferde ist das rechte Auge verbunden, damit es den Stier
nicht sieht und nicht scheut. Der Anlauf war aber so gewaltig, und der
Reiter saß so fest im Sattel, daß Mann und Roß in die Höhe gehoben
wurden und rücklings überschlugen. Im selben Augenblick saßen die
spitzen Hörner dem Pferde im Leibe, so daß ein fingerdicker Blutstrahl
aus dem Herzen floß. Der Picador lag unter dem Pferde, und sein
Anzug hinderte ihn, irgendwie sich freizumachen. Es war um ihn ge¬
schehen, wenn nicht die Chulos mit ihren bunten Mänteln zu Hilfe kamen.
Alsbald läßt der Stier von seiner Beute los und stürzt sich auf den
Fußgänger oder vielmehr auf den bunten Lappen; er verfolgt den Träger
durch die ganze Bahn; dieser schwingt sich gewandt über die Barriere,
welche unter dem Stoß des Tieres erbebt. Wie verdutzt steht es da, nach¬
dem sein Gegner verschwunden ist. Alsbald stellt sich ihm ein zweiter
Picador dar, welcher dasselbe Schicksal wie sein Vorgänger hat. Ehe
noch die Chulos zu Hilfe kommen können, versetzt der Stier dem Pferde
einen neuen Stoß und trägt es hoch auf den Hörnern durch die halbe
Bahn. Dem dritten Pferde riß der Stier im Nu den ganzen Leib auf,
so daß das unglückliche Tier in seine Gedärme trat, und in diesem Zu¬
stande wurde es durch Sporen und Schläge angetrieben und gezwungen,
noch einen zweiten Kampf mit der wilden Bestie aufzunehmen.
Natürlich erhält der Stier jedesmal einen furchtbaren Stoß von der
spitzen Lanze in die linke Schulter und verweigert endlich den ferneren
Angriff der Reiter. Nun müssen die Banderilleros heran. Dies sind Fu߬
gänger, welche in jeder Hand einen armlangen Pfeil tragen. Die Spitze
ist mit Widerhaken versehen, und am unteren Ende sind Fähnchen, Rausch¬